Lügen für den Herrn


Es besteht kein Zweifel darin, dass die Kirche die Lüge als Sünde und Ehrlichkeit als Tugend erklärt. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel wie das Gesangbuch untermauert Tu, was ist recht! Lass dich Folgen nicht sorgen.”

Dennoch mag es Fälle geben, wenn die Unwahrheit zu sagen, gerechtfertigt ist. Beispielsweise wenn man während des Dritten Reichs Juden versteckt hätte und von der Gestapo gefragt werden würde, ob sich Juden im Haus aufhalten. Und natürlich hat es auch wenig mit Ehrlichkeit zu tun, wenn man jedem ins Gesicht sagt, was man von ihm oder seinem Aussehen hält. So finden wir im Alten Testament das Beispiel Abrahams, der über seine Beziehung zu seiner Frau log, aus Angst umgebracht zu werden.

Ist eine Lüge nur das offensichtliche Aussprechen von Unwahrheit?

„Eine Lüge ist jede Art von Kommunikation mit der Absicht andere zu täuschen. ... Eine Lüge kann gewissermaßen erzählt werden, ohne dass Worte jemals gesprochen werden. Manchmal kann ein Kopfnicken oder Schweigen täuschen. Fragwürdige Anlagegeschäfte zu empfehlen, einen falschen Eintrag in ein Kassenbuch zu machen, hinterhältiger Einsatz von Schmeichelei oder das Unterlassen, alle einschlägigen Tatsachen zu enthüllen, sind noch ein paar andere Möglichkeiten, um Lügen zu machen.
(Marvin J. Ashton, Ensign June 1982)

„Auch das Teilen von Wahrheit kann den Effekt von Lüge haben, wenn wir nur Halbwahrheiten sagen, die kein vollständiges Bild erzählen. Wir können auch schuldig sein, falsches Zeugnis abzulegen und zulügen, wenn wir nichts sagen, vor allem, wenn wir einem anderen erlauben, zu einer falschen Schlussfolgerung zu gelangen, während wir Informationen zurückbehalten, die zu einer genaueren Einschätzung geführt hätten. In diesem Fall ist es, als ob eine tatsächliche Lüge gesprochen wurde.“
(Robert J. Matthew, Ensign Oktober 1994)

Wie hat es Joseph Smith mit der Wahrheit gehalten?

Joseph Smith erklärte während er Dutzende Frauen ehelichte:
„Ich war kaum fünf Minuten verheiratet und verkündete das Evangelium, bevor es berichtet wurde, dass ich sieben Frauen habe. ... Was für eine Sache es ist, einem Mann Ehebruch vorzuwerfen und sieben Frauen zu haben, wenn ich nur eine finden kann. Ich bin der gleiche Mann und so unschuldig, wie als ich 14 Jahre alt war, und ich kann beweisen, dass sie alle Verleumder sind.“
(History of the Church 6:410-411)

Ebenso erklärte John Taylor 1850 während er mindestens 12 Frauen hatte:
„Wir sind hier der Polygamie angeklagt und zutiefst unfeinen, obszönen und ekelhaften Handlungen, wie sie nur diejenigen mit korrupten und verdorbenen Herzen ersinnen können. Diese Dinge sind zu empörend, um sie zuzugeben oder zu glauben: ... deshalb werde ich mich damit zufrieden geben, unsere Ansichten über Keuschheit und Ehe aus Lehre und Bündnisse, Seite 330 vorzulesen: ... Insofern dieser Kirche Jesu Christi das Verbrechen der Unzucht und Polygamie vorgeworfen wurde, erklären wir, dass wir glauben, dass ein Mann eine Frau haben sollte, und eine Frau nur einen Mann, außer im Falle des Todes, wenn es beiden freisteht wieder zu heiraten.“
(The Changing World of Mormonism, S. 261f.)

Dieser zitierte Abschnitt 101 wurde 1835 zu Lehre und Bündnisse hinzugefügt, um Joseph Smiths Vielehen zu bestreiten, und erst 1876 durch Abschnitt 132 ersetzt.

Joseph Smith log auch über die Kirtland Bank, die entgegen dem Gesetz gegründet wurde:
Ich war erstaunt zu hören, wie er erklärte, dass wir $ 60,000 in Münzen in unserem Tresor und $ 600,000 zu unserer Verfügung hätten, wenn wir nicht mehr als $ 6,000 besaßen und nicht mehr zur Verfügung hatten, auch, dass wir rund zehntausend Dollar in Scheinen im Umlauf hätten, wenn er als Kassierer dieser Institution wusste, dass es mindestens $ 150,000 waren.
(William Parrish, Letter to Zion`s Watchmen, March 4 1838)

Diese Tradition wurde fortgeführt als man 1890 offiziell der Polygamie abschwören musste, diese aber heimlich bis mindestens 1911 weitergeführt wurde.

Wie sieht es heute aus?

Auf der offiziellen Website der Kirche mormon.org finden wir Informationen über Joseph Smith. Darunter einen Abschnitt über ihn als „Ein fürsorglicher Ehemann und Vater“:
„Joseph hielt sich an das, was er predigte – dass es uns nämlich vorrangig darum gehen muss, die Familie zu stärken. Als sich Joseph Smith in Lebensgefahr befand, half ihm sein Glaube an Jesus Christus, selbst auszuharren und auch seiner Frau und seinen Kindern eine Stütze zu sein.“
Kein Hinweis auf seine über 30 Frauen, seine hinter Emmas Rücken arrangierten Treffen mit den Frauen usw.

Zu den Umständen seine Todes heißt es:
„Er starb nicht unter den mitfühlenden Augen der Welt, sondern wurde von einem Pöbel erschossen, als er aufgrund falscher Anschuldigungen im Gefängnis saß.“
Falsch: die Anschuldigungen waren nicht falsch, denn er hatte die Druckerpresse des Expositors zerstören lassen, um die Veröffentlichung seiner Machenschaften zu verhindern.

Natürlich finden wir auch keine Hinweise auf seine abergläubische Schatzsucher-Vergangenheit, den widersprüchlichen Versionen der Ersten Vision usw. Und anstelle des im Hut verborgenen Gesichts bei der Übersetzung ohne dass die Platten verwendet wurden, findet sich die übliche fälschliche Darstellung des Übersetzungsprozesses.



Was ist mit unseren heutigen Aposteln und Profeten?

Im Oktober 2009 erklärte Elder Holland in der Generalkonferenz:
„Ich halte dieses Buch hier in der Hand, dasselbe Buch, aus dem Hyrum las; dieselbe umgeknickte Seitenecke ist noch immer zu sehen. Später – eingekerkert im Gefängnis – wandte sich Joseph Smith, der Prophet, den Wachen, die ihn gefangen hielten, zu und gab machtvoll Zeugnis von der wirklich göttlichen Herkunft des Buches Mormon.“

Vielleicht ein harmloser Irrtum, aber 2 Jahre zuvor wurde eine andere Kopie des Buches Mormon als das von Hyrum Smith verwendete Exemplar ausgegeben:

http://www.ldschurchnews.com/articles/50543/Fabric-of-history-Geo-A-and-Bathsheba-Smith-artifacts-donated-to-Church.html



Während jener Herbst-Generalkonferenz 2009 erzählte Präsident Thomas S. Monson die Geschichte von Thomas B. Marsh, wie er letztlich ausgelöst durch Nichtigkeiten von der Kirche abgefallen war:

„Elder Thomas B. Marsh, der die ganze Zeit hinter seiner Frau gestanden hatte, wurde mit jeder neuen Entscheidung zorniger – so zornig, dass er sogar vor einem Friedensrichter unter Eid aussagte, die Mormonen seien dem Staat Missouri feindlich gesinnt. Diese eidesstattliche Erklärung führte dazu – oder trug zumindest dazu bei –, dass Gouverneur Lilburn Boggs den grausamen Ausrottungsbefehl erließ, durch den über 15 000 Heilige aus ihren Häusern vertrieben wurden, was schreckliches Leid nach sich zog und weshalb viele ihr Leben lassen mussten. All das war die Folge eines Streits über den Austausch von Milch und Rahm.“

Die Fabel mit der Milch und Rahm wurde erstmals 1864 durch George A. Smith in Umlauf gebracht. Bis dahin gab es hierzu keinerlei Aufzeichnungen, auch nicht von den angeblichen Kirchenverfahren die Präsident Monson erwähnt. Das Problem mit Präsident Monsons Geschichte ist aber nicht so sehr die fragwürdige historische Basis, sondern die in die Irre führende Aussage der Geschichte, nämlich die Auseinandersetzung über eine Kleinigkeit habe zu Thomas B. Marshs Verlassen der Kirche geführt.

Die Wahrheit ist, dass Marsh die Kirche im Oktober 1838 aus Protest verlassen hat, weil von den Mormonen Ortschaften wie Gallatin in Missouri geplündert und ausgebrannt wurden. Er fürchtete, Joseph Smith würde ganz Missouri in ein Blutbad verwandeln. Man mag darüber streiten, ob seine Einschätzung, die er damals mit Apostel Hyde teilte, richtig war. Fakt ist jedoch, dass seine Aussage korrekt war und er die Überfälle der Mormonen-Banden als Präsident des Rates der Zwölf mit seinem Gewissen nicht mehr vereinbaren konnte. Milch und Sahne spielten dabei keine Rolle.

Die Geschichte diente letztlich dazu, Thomas B. Marshs Handeln lächerlich zu machen. Die Wahrheit war weitaus komplexer und unangenehmer für die Kirche. Und das gilt in der Regel auch dafür, warum Mitglieder heutzutage die Kirche verlassen.

Und so ist auch die Geschichte seiner Rückkehr komplexer und unsauberer als dargestellt. Hätte der Vater des verlorenen Sohnes ihm bei seiner Rückkehr ins Gesicht gespuckt? Etwas ähnliches hat nämlich Brigham Young getan. Brigham Young ließ Marsh vor einer Versammlung der Mitglieder sprechen und dann über seine Aufnahme abstimmen. Thomas B. Marsh sagte:

„Ich will eure Gemeinschaft, ich will dass euer Gott mein Gott ist, und ich will mit euch für immer leben, in Zeit und Ewigkeit. Ich will das Volk Gottes nie mehr verlassen. Ich möchte euer Vertrauen haben, und ich möchte eins im Haus Gottes sein. Ich habe gelernt, zu verstehen, was David tat, als er, rief: "Ich würde eher ein Türsteher im Haus Gottes sein als in der Gottlosen Hütten wohnen." Ich bin nicht hierher gekommen, um eine Berufung anzustreben, ausser ein Türsteher oder ein Diakon zu sein, nein, ich bin weder würdig noch fit; aber ich will einen Platz unter euch als demütiger Diener des Herrn.“

Daraufhin sprach Brigham Young:
„Ich vermute, dass Bruder Marsh es mir nicht übel nimmt, wenn ich ein wenig über ihn rede. Wir haben unsere Gefühle ihm gegenüber manifestiert, und wir kennen seine Situation. Im Hinblick darauf, dass diese Kirche mit ihm versöhnt ist, kann ich sagen, dass diese Kirche und die Menschen nie mit ihm unzufrieden waren, denn wenn Männer und Frauen vom Glauben abfallen und von uns gehen, haben wir mit ihnen nichts zu tun. Wenn sie tun, was böse ist, werden sie dafür leiden. Bruder Marsh hat gelitten....
Es ist Ihnen gesagt, dass er ein alter Mann ist. Glauben Sie, dass ich ein alter Mann bin? Ich könnte dieser Gemeinde beweisen, dass ich jung bin, denn ich könnte mehr Mädchen finden, die mich als Mann wählen würden, als jeder der jungen Männer. Bruder Thomas hält sich für sehr alt und gebrechlich, und Sie können sehen, dass er ist, Brüder und Schwestern. Was ist die Ursache davon? Er verließ das Evangelium des Heils. Was denken Sie, ist der Unterschied zwischen seinem Alter und meinem? Ein Jahr und sieben Monate auf einen Tag, und er ist 1 Jahr, 7 Monate und 14 Tage älter als Bruder Heber C. Kimball. "Mormonentum" hält Männer und Frauen jung und schön, und wenn sie voll von dem Geist Gottes sind, gibt es keinen von ihnen, die kein Scheinen in ihren Gesichtern haben, und das macht Sie und mich jung, denn der Geist von Gott ist mit uns und in uns.
Als Bruder Thomas über die Rückkehr in die Kirche nachdachte, beunruhigte ihn die Mehrzahl von Ehefrauen stark. Schauen Sie auf ihn. Glauben Sie das ist notwendig? Ich nicht, denn ich bezweifle, ob er eine Frau bekommen könnte. Warum sollte es einen gebrechlichen alten Mann wie ihn beunruhigen, kann ich nicht sagen.

Ein herzlicher Empfang sieht sicherlich anders aus. Aber ungeachtet dessen hätte Thomas S. Monson es besser wissen müssen. Und gemäß obiger Definition muss man sich fragen, ob es eine Lüge darstellt. Und wenn man die Darstellungen der Kirchengeschichte in Leitfäden und Webseiten anschaut, ist die Frage, ob wichtige Informationen unterdrückt werden. Zumindest haben viele, die diese Dinge später erfahren, das Gefühl haben, dass sie belogen wurden.