Frieden im Herzen

Gestern waren die Sisters, also die Missionarinnen, bei uns. Eine der Sisters gab dann in ihrem geistigen Gedanken Folgendes zum Besten: Gott wisse alles, wir Menschen nicht - besonders nicht die Zukunft. Daher müssten wir uns auf Gott ausrichten. Und die Art und Weise, wie wir wissen könnten, dass etwas Gottes Wille ist, sei ein Gefühl des Friedens in uns. Denn Satan könne dieses Gefühl nicht nachmachen, alle anderen Gefühle schon.

Dabei berief sie sich auf Lehre und Bündnisse 6:23: "Habe ich deinem Sinn nicht Frieden in dieser Angelegenheit zugesprochen? Welch größeres Zeugnis kannst du haben als von Gott?"

Ist das ein wirklich verlässlicher Kompass, um Entscheidungen zu treffen. Und können derartige Gefühle nur von Gott kommen?

Es liegt doch in unserer Natur, dass sich Vorstellungen, die unseren Glaubensansichten widersprechen erst einmal negativ anfühlen. So ist nun mal unser Gehirn eingerichtet. Und wenn man diese negativen Gefühle per se Satan zuschreibt, wird man sich immer im Kreis drehen und wird nie zu der Erkenntnis gelangen können, dass die eigenen Glaubensansichten möglicherweise auf Illusion, Betrug, Indoktrination oder Ähnlichem beruhen. Das fatale an solchen Zirkelschlüssen ist, dass sie uns nicht bewusst sind oder wir tatsächlich glauben, uns von göttlicher Inspiration führen zu lassen.

Wenn ich aufgrund von Indizien zu dem Schluss komme, dass beispielsweise das Buch Mormon nicht historisch ist, dann "fühlt" sich diese Erkenntnis schlecht an. Wenn man die Hintergründe von Joseph Smiths Visionen, Frauengeschichten, Freimaurertum, Buch Abraham Papyri usw. erfährt, fühlt man sich nicht nur schlecht, sondern hundsmiserabel, belogen, betrogen, wütend, enttäuscht und vieles mehr. Diese miesen Gefühle sind jedoch kein Beweis dafür sei, dass die Schlüsse falsch sein müssen. Genauso wenig sind positive Gefühle ein Zeugnis für Wahrheit und schon gar nicht zwangsläufig übernatürlichen Ursprungs.  

Zur Ehrenrettung der Gefühle muss man sagen, dass unsere Intuitionen in unserem täglichen Entscheiden eine wichtige Rolle spielen und nicht klar von unserer Vernunft unterschieden werden können. Das Zustandekommen und Zusammenspiel von Gedanken und Gefühlen ist hochgradig komplex. Hierzu kann ich das Buch 'Die Kunst kein Egoist zu sein' sehr empfehlen. Hierin z.B.: "In unserem Gehirn spielen Irrationalität und Rationalität kaum unterscheidbar zusammen. Und wer in diesem wilden Zusammenspiel die Entscheidungsgewalt trägt, ist schwer zu bestimmen. Schon unsere Intuitionen können sich widersprechen. Sie können auf den Vorteil schielen oder auch auf den Lohn, sich nett zu fühlen. Und auch unsere Vernunft muss sich mit sich selbst nicht einig sein und zu einer klaren Entscheidung kommen. Humes »Kampfmodell«, wonach unsere Gefühle unseren Verstand unterwerfen, ist viel zu schlicht. Bereits unsere Gefühle tragen einen Bürgerkrieg untereinander aus, ebenso wie unsere vernünftigen Argumente. Mit der US-amerikanischen Philosophin Christine Korsgaard (*1952) von der Harvard University gesagt: »Dem Kampfmodell zufolge werden Vernunft und Gefühl als zwei Seelenkräfte betrachtet, von denen eine ein Handeln auslöst. Dies verschafft uns keine plausible Erklärung für das Zustandekommen eines Handelns. … Das Handeln darf nicht nur von irgendeiner Kraft in der Person, sondern muss von der ganzen Person ausgehen. Um also zu erklären, was ein Handeln ist, brauchen wir eine Vorstellung von der gesamten Person als handelndem Subjekt.« Ob wir nach Gründen entscheiden oder nicht doch nach der Stärke des damit verbundenen Gefühls, ist eine Frage, die wir nie genau beantworten können. Der Grund dafür ist klar: Unser Bewusstsein selbst unterscheidet gar nicht sauber zwischen Gefühlen und Gedanken. Gefühle können uns nachdenklichstimmen. Und Gedanken fühlen sich gut an oder schlecht."