Ursprung der Tempelarbeit

Was als einfache und schöne Lehre der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage / der Mormonen vermittelt wird, offenbart sich bei näherer Betrachtung als sehr widersprüchlich. Das Zustandekommen der heutigen Praxis ist zudem sehr verstörend. Hier eine Zusammenfassung der kritischen Punkte (nicht unbedingt in geordneter Reihenfolge):


1. In den Tempeln im AT gab es keine heilige Handlungen für Verstorbene

Da Christus die Arbeit für Verstorbene erst nach seinem irdischen Tod eingeleidet haben soll, zunächst nicht verwunderlich.

2. Hinweise im AT auf zukünftige heilige Handlungen für Verstorbene sind fragwürdig

Die angeblichen Profezeiungen im AT im Hinblick auf die spätere Arbeit für Verstorbene und die Verkündigung des Evangeliums in der Geisterwelt sind bei näherer Betrachtung kaum darauf zu beziehen.

Jesaja 61:1
Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung
Wie Vers 4 deutlich macht, geht es um die politische Gefangenschaft der damaligen Zeit und nicht um den Zustand nach dem Tod. Im NT wird der Schriftstelle auch ein Bezug zur geistigen Gefangenschaft zugewiesen. Nach Lukas 4:21 hat sich dies jedoch bereits durch das Wirken Jesu erfüllt.

Obadja 1:21
Befreier ziehen auf den Berg Zion, um Gericht zu halten über das Bergland von Esau. Und der Herr wird herrschen als König.
In der Regel wird nur der erste Teil zitiert, nicht aber der zweite Teil, wo es von Gericht spricht – also nichts mit Erlösung von Toten.

Maleachi 3:23-24
Bevor aber der Tag des Herrn kommt, der große und furchtbare Tag, seht, da sende ich zu euch den Propheten Elija. Er wird das Herz der Väter wieder den Söhnen zuwenden und das Herz der Söhne ihren Vätern, damit ich nicht kommen und das Land dem Untergang weihen muss.
Unter ‚Vätern‘ verstanden die Juden Abraham, Isaak und Jakob. Insofern handelt der Vers davon, dass durch Elija der Bund Gottes wieder aufgerichtet wird. Dieses hat sich mit der Mission Johannes des Täufers erfüllt, wie Lukas berichtet:
Er wird mit dem Geist und mit der Kraft des Elija dem Herrn vorangehen, um das Herz der Väter wieder den Kindern zuzuwenden und die Ungehorsamen zur Gerechtigkeit zu führen und so das Volk für den Herrn bereit zu machen. (Lukas 1:17)

Bis 1842 gab es keine Verbindung zwischen Elija und Arbeit für Verstorbene. So geht es auch hier primär um verbesserte Beziehungen und Rückbesinnung auf den Bund Israels:
Darum entsagt dem Krieg und verkündigt Frieden, und trachtet eifrig danach, das Herz der Kinder ihren Vätern zuzuwenden und das Herz der Väter den Kindern, und weiter, das Herz der Juden den Propheten und der Propheten den Juden, damit ich nicht komme und die ganze Erde mit einem Fluch schlage und alles Fleisch verzehrt werde vor mir. (LuB 10:67-68)

3. Im NT wird nicht von einem Zustand zwischen Tod und Auferstehung als Geisterwelt gesprochen

Stattdessen spricht es in Schriftstellen, die vom Zustand nach dem Tod und vor der Auferstehung handeln, nur von Schlaf. Was auch immer genau darunter zu verstehen ist.
Das Gleichnis von Lazarus in Lukas 16 ist ein Gleichnis und nicht als Erklärung des Zustands zwischen Tod und Auferstehung zu verstehen.

Lukas 23:43
Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.
Gemäß 2. Korinther 12:4 ist das Paradies der Ort der Rechtschaffenen nach der Auferstehung und nicht ein Übergangsort.

4. Im NT wird nicht vom Belehren aller Geister in der Geisterwelt gesprochen

Joh. 5:28-29
Wundert euch nicht darüber! Die Stunde kommt, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und herauskommen werden: Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht.
Sie werden seine Stimme hören und auferstehen. Vom Predigen des Evangeliums spricht dies nicht.

1. Petrus 3:18-19
Denn auch Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben, er, der Gerechte, für die Ungerechten, um euch zu Gott hinzuführen; dem Fleisch nach wurde er getötet, dem Geist nach lebendig gemacht. So ist er auch zu den Geistern gegangen, die im Gefängnis waren, und hat ihnen gepredigt.
‚Dem Geist nach lebendig gemacht‘ heißt nach Römer 8:11 ‚auferstanden‘. Also steht hier nicht, dass Jesus zwischen seinem Tod, sondern vielmehr, dass er nach seiner Auferstehung den Gefangenen gepredigt hat. Und das griechische Wort, welches hier als ‚gepredigt‘ übersetzt wird, ist nicht das, was sonst für ‚Belehren‘ verwendet wird. Es ist eher als ‚bekannt machen‘ oder ‚verkünden‘ zu verstehen.
Nach Genesis 6 waren gefallene Engel für die Flut verantwortlich. Nach jüdischem Glauben wurden sie deshalb in spezieller Gefangenschaft gehalten. Siehe auch Mose 7:36-39. Im Gefängnis waren daher ausschließlich die rebellischen Söhne Gottes aus Noachs Zeit. Von einem allgemeinen Belehren des Evangeliums allen Verstorbenen gegenüber kann also keine Rede sein.

1. Petrus 4:6
Denn auch Toten ist das Evangelium dazu verkündet worden, dass sie wie Menschen gerichtet werden im Fleisch, aber wie Gott das Leben haben im Geist.
Es steht nicht, dass ihnen als Tote das Evangelium gepredigt wurde. Es können auch diejenigen sein, die ‚jetzt‘ tot sind.

5. Im Buch Mormon und Köstliche Perle wird nicht von einem Übergang in der Geisterwelt gesprochen

Alma 40:14
Nun ist dies der Zustand der Seele der Schlechten, ja, in Finsternis und einem Zustand furchtbarer, fürchterlicher Erwartung des feurigen Unwillens göttlichen Grimms über sie; und so verbleiben sie in diesem Zustand, wie auch die Rechtschaffenen im Paradies, bis zur Zeit ihrer Auferstehung.
Übrigens gibt es große Übereinstimmung zwischen Alma 40 und der 1742 veröffentlichten ‚Philadelphia Confession of Faith‘:
Die Körper der Menschen werden nach dem Tod wieder zu Staub und begegnen dem Verfall, aber ihre Seelen, die weder sterben noch schlafen, mit einem unsterblichen Dasein versehen, kehren unmittelbar zu Gott zurück, der sie ihnen gab. Die Seelen der Gerechten werden dann vollendet in der Heiligkeit ins Paradies aufgenommen, wo sie bei Christus sind und das Angesicht Gottes in Licht und Herrlichkeit sehen, wartend auf die vollständige Wiederherstellung ihrer Körper. Und die Seelen der Schlechten werden in die Hölle hinabgeworfen, wo sie in völliger Dunkelheit und Qual verbleiben, zurückbehalten für das Gericht am großen Tag.

Mose 7:57
…und alle Geister, die im Gefängnis waren, kamen hervor und standen zur rechten Hand Gottes, und die übrigen wurden bis zum Gericht des großen Tages in Ketten der Finsternis behalten.
Wie vorher gezeigt, war das Gefängnis nur für diejenigen zur Zeit Noachs vorbehalten. Alle anderen Geister sollten bis zum Gericht an ihrem jeweiligen Ort bleiben. Von einer möglichen Erlösung vor der Auferstehung wird ausdrücklich nicht gesprochen.

LuB 76:73-74; 77 widerspricht Mose 7:57. Demnach habe Jesu allen Gefangenen gepredigt, aber diese würden nicht zur rechten Hand Gottes stehen, sondern allenfalls ins terrestriale Reich gelangen.
Allerdings sprechen auch LuB 76 und Mose 7 nicht davon, dass Jesus die Gefangenen als Geist besuchte. Dies hat Joseph Smith erst ab 1841 gelehrt. Hierbei zitierte er auch Jesaja 24:20-22 als Beleg dafür, dass nicht nur den Gefangenen aus der Zeit Noachs das Evangelium gepredigt wurde:
An jenem Tag wird der Herr hoch droben das Heer in der Höhe zur Rechenschaft ziehen und auf der Erde die Könige der Erde. Sie werden zusammengetrieben und in eine Grube gesperrt; sie werden ins Gefängnis geworfen und nach einer langen Zeit wird er sie strafen.
Es spricht hier allerdings nicht von Erlösung aus dem Gefängnis sondern von Strafe und Verurteilung.

6. Nur eine obskure Schriftstelle zu Taufen für Verstorbene im NT

1. Korinther 15:29
Wie kämen sonst einige dazu, sich für die Toten taufen zu lassen? Wenn Tote gar nicht auferweckt werden, warum lässt man sich dann taufen für sie?
Viele Bibelforscher sehen im Ausspruch Paulus keine ausdrückliche Unterstützung der Praxis, auch weil es nur von ‚einigen‘ spricht. Zudem wird es eher als Übernahme der heidnischen Praxis der Römer und Griechen gesehen, die heilige Handlungen für ihre Verstorbenen vollzogen hatten. So war die Praxis der Taufe für Verstorbenen nach Aussagen von frühen Kirchenhistorikern auf wenige christliche Gruppen begrenzt.

Hebräer 11:40
… weil Gott erst für uns etwas Besseres vorgesehen hatte; denn sie sollten nicht ohne uns vollendet werden.
Aus dieser Stelle hat Joseph Smith später abgeleitet, dass die Verstorbenen nicht ohne uns und wir nicht ohne sie errettet werden können (LuB 128:18). Zum einen spricht es im Hebräerbrief nur von einer Abhängigkeit. Zum anderen kann man aus dem Zusammenhang kaum vom Predigen oder von heiligen Handlungen für Verstorbene sprechen. Dazu muss man schon sehr viel in diese Passage hineinlesen. Eigentlich spricht Hebräer 11:40 nur davon, dass Männer wie Henoch, Noach, Abraham, Isaak oder Jakob auch das Sühnopfer Jesu Christi benötigen, um errettet zu werden. Wenn es an heiligen Handlungen hinge, die Tempelverordnungen hatten die besagten Männer ja längst erhalten bzw. praktiziert.

Offenbarung 20:12
Dass es sich beim Inhalt der Bücher auch um die Aufzeichnung von stellvertretenen heiligen Handlungen handelt, wie LuB 128 behauptet, ist fraglich. Offenbarung 20:12-13 spricht davon, dass in den Büchern ihre eigenen Werke aufgezeichnet sind. Die Toten wurden nach ihren Werken gerichtet, nach dem, was in den Büchern aufgeschrieben war. 2. Nephi 29:11-12 deutet die Bücher als die verschiedenen Heiligen Schriften, also auch nicht die Aufzeichnungen von heiligen Handlungen, die für die Erlösung von Toten vollzogen wurden.

7. Im BM werden die Seelen errettet ohne zusätzliche heilige Handlungen

Mosia 15:24
Und diese sind es, die an der ersten Auferstehung teilhaben; und es sind diejenigen, die, ehe Christus gekommen ist, in ihrer Unwissenheit gestorben sind, ohne daß ihnen die Errettung verkündet worden ist. Und auf diese Weise bringt der Herr ihre Wiederherstellung zustande; und sie haben teil an der ersten Auferstehung oder haben ewiges Leben, denn sie sind durch den Herrn erlöst.

Mosia 3:11
Denn siehe, und sein Blut sühnt auch für die Sünden derjenigen, die durch die Übertretung Adams gefallen sind, die gestorben sind, ohne den Willen Gottes in bezug auf sich zu kennen, oder die unwissentlich gesündigt haben.

Moroni 8:22-23
Denn die Macht der Erlösung kommt allen zu, die kein Gesetz haben; darum kann, wer nicht schuldig gesprochen ist oder wer unter keiner Schuldigsprechung steht, nicht umkehren; und für so jemanden bringt die Taufe nichts zuwege—  sondern es ist ein Gespött vor Gott und leugnet die große Barmherzigkeit Christi und die Macht seines Heiligen Geistes und setzt Vertrauen in tote Werke.
Wenn die Taufe für Verstorbene so wichtig wäre, warum wird sie im BM nicht erwähnt, ja warum hat Christus sie nicht den Nephiten gelehrt? Nicht nur wird sie nicht erwähnt, sie widerspricht sogar der Aussage des Buch Mormons.

Apropos Widersprüche: Laut LuB 76:72-74 kommen diejenigen ohne Gesetz ins terrestriale Reich. Außerdem habe Christus nur den rebellischen Geistern das Evangelium gepredigt, nicht aber den Unwissenden. Anscheinend landen nämlich nur die rebellischen Geister im Gefängnis.
1836 kam dann aber die Überraschung, als Joseph seinen ungetauften Bruder in einer Vision im celestialen Reich sah. Plötzlich können also auch diejenigen, die das Evangelium zu Lebzeiten nicht empfangen haben, ins celestiale Reich gelangen. Von heiligen Handlungen für Verstorbene aber keine Rede. Taufen für Verstorbene begannen erst 4 Jahre später und auch nur als Option für diejenigen, von denen Mitglieder glaubten, sie hätten das Evangelium angenommen.
So richtig begann die Arbeit für Verstorbene dann auch erst unter Wilford Woodruff ab 1894, wo er sagte: „Es wird nur sehr wenige geben, wenn überhaupt, die das Evangelium nicht annehmen werden.“

8. Zweifelhafte Vision Joseph F. Smiths

1975 wurde die Vision Joseph F. Smiths von 1918 als LuB 138 aufgenommen. Im Widerspruch zu den Aussagen in den Heiligen Schriften und anderer Profeten heißt es darin, dass Christus nur die Rechtschaffenen in der Geisterwelt besucht habe. Joseph Smith und Brigham Young hatten explizit das Gegenteil behauptet. Und plötzlich ist das Gefängnis in der Geisterwelt auch nicht mehr nur der Ort der Schlechten, sondern aller, die auf die Auferstehung warten. Nebenbei ist die Aussage, dass Mose und Elijah dort gewesen seien problematisch, da Joseph Smith gelehrt hat, dass entrückte Wesen und Geister nicht miteinander verkehren. Diese Offenbarung ist also mit Vorsicht zu betrachten.

9. Begabung in Kirtland nicht mit der heutigen Begabung vergleichbar

Als Sidney Rigdon sich der Kirche anschloss, kritisierte er die Missionare für deren mangelnde Macht. Auch gab es in der Anfangszeit mehrere misslungene Versuche, Wunder zu bewirken. Daraufhin sollten die Missionare vor ihrer Aussendung mit Kraft aus der Höhe in einer speziellen Versammlung ausgestattet werden, ähnlich wie auch die Apostel zu Pfingsten mit einem besonderen Erlebnis mit dem Heiligen Geist gesegnet wurden. Hierzu wurde gemäß LuB 38:32 eine Konferenz in Kirtland am 3. Juni 1831 abgehalten. Nach Fasten und Gebet wird von besonderen geistigen Erlebnissen berichtet. Außerdem wurden die Ältesten gleichzeitig zum Höheren Priestertum mit der Sieglungsmacht ordiniert. Dies gehörte alles zusammen zur Begabung und diente ausschließlich der Vorbereitung von Missionaren.

1833 wurde dieses Konzept im Rahmen der Schule der Profeten ausgeweitet durch Einführung der Fußwaschung als heilige Handlung. Anzumerken sei, dass Fußwaschung weder in der Bibel noch dem BM als heilige Handlung aufgeführt wird – zumal sie, wenn sie zum mosaischen Gesetz gehört haben sollte (wozu es keinen Hinweis gibt, was aber von Joseph Smith behauptet wurde), sie mit Christus überflüssig geworden sein müsste.

1836 wurde die Begabung im Kirtland-Tempel (eigentlich wurde das Haus des Herrn erst Jahre später als Tempel bezeichnet) weiter ausgebaut, indem die Waschung, Parfümierung und Salbung hinzugefügt wurden. Außerdem erhielten die Teilnehmer einen besonderen Segen. Und dies war durch intensive geistige Erlebnisse begleitet. Wobei dies einige später abgefallene auf den Alkoholkonsum zurückgeführt haben wollen. Wie LuB 109:22 zeigt, ging es bei alldem nach wie vor darum, die auf Mission ausgesandten Brüder mit besonderer Macht auszustatten.

Auch der Nauvoo-Tempel war initial nach dem selben Prinzip entworfen worden. Erst nachdem Joseph Smith Freimaurer geworden war und wegen Verrats in seiner unmittelbaren Nähe eine besondere Form der Geheimhaltung in einem engen Zirkel suchte, wurden Zeremonien aus dem Freimaurertum übernommen: zeremonielle Kleidung, Schlüsselwörter, Zeichen, Nachspielen der Schöpfungsperioden usw. Hierfür wurde dann nach Joseph Smiths Tod der Dachboden des Nauvoo-Tempels umgebaut, um diese neue Form der Begabung durchzuführen.

10. Joseph Smiths Anspruch auf Verknüpfung aller Dispensationen

Joseph Smith erhob den Anspruch, nicht nur Wahrheiten und Praktiken der frühen christlichen Kirche zur Zeit Jesu und der Apostel Petrus, Paulus & Co. wiederherzustellen, sondern alle Zeitalter der Menschheit miteinander zu verbinden. Bis zurück zu Adam sollte es gehen und insbesondere aber um die in allen Heiligen Schriften wiederzufindende Warnung, das Herz der Kinder den Vätern zuzuwenden (JS Lsg. 1:38-39; LuB 2:1-3; 3. Nephi 25:1-6 und natürlich Maleachi 3:23-24). Unter ‚Vätern‘ verstand er Abraham, Isaak und Jakob. Die Verbindung zu den alten Patriarchen sollte durch ihn hergestellt werden. So wurden etliche Mitglieder von Joseph Smith ‚adoptiert‘ und alle Familienlinien dieser Dispensation sollten an ihn gesiegelt werden.

In diesem Zusammenhang verstand er auch die Praxis der Vielehe als Wiederherstellung der Werke Abrahams. Durch die Siegelung von Frauen und Töchtern sollten befreundete Familien-Clans in Ewigkeit verbunden und an den Verheißungen Abrahams, Isaaks und Jakobs teilnehmen.

11. Weder im BM noch im AT oder NT wird die Heiligkeit der Ehe betont oder gar von ewiger Ehe gesprochen

Jesus hat sich zwar gegen die Scheidung ausgesprochen, allerdings sind die übrigen von ihm übermittelten Kommentare zur Ehe als eher neutral bzw. gleichgültig anzusehen. Bei Paulus finden wir eher kritische Stellungnahmen zur Ehe. Auch wenn 1. Korinther 11:11 als Bestätigung der ewigen Beziehung zwischen Mann und Frau gesehen wird, so spricht es eigentlich nur allgemein von Männern und Frauen als Teil der Gemeinschaft.

12. Veränderung der Siegelung

Die Ehesiegelung bestand anfangs nicht in der Siegelung von Mann und Frau aneinander, auch wenn das eine Rolle spielte. Die eigentliche Siegelung bezog sich jedoch auf die Versiegelung zum ewigen Leben. Siehe LuB 132:19, 26. Die Siegelung garantierte somit das Erlangen des celestialen Reichs und ewige Vermehrung mit der Ausnahme der Sünde gegen den Heiligen Geist oder Mord. Auch haben Joseph Smith, Brigham Young und andere gelehrt, dass sogar deren Kinder garantiert ins celestiale Reich kommen, auch wenn sie ggf. vorher für ihre Sünden kurzfristig leiden müssen. Heutzutage wird dies nicht mehr so betont bzw. an die individuelle vollständige Umkehr geknüpft.
Die Garantie bzw. Siegelung zur Erhöhung wurde später von der Ehesieglung als so genannte Zweite Salbung getrennt. Erst unter Heber J. Grant wurde die Zweite Salbung nicht mehr als erforderlich für das Erlangen des celestialen Reichs erklärt. Und heute wird die Zweite Salbung nicht mehr offen gelehrt.

13. Joseph Smith sollte eigentlich ‚nur‘ das BM hervorbringen

Im der ersten Version von LuB bzw. Book of Commandments heißt es in 4:2: …und er hat die Gabe, das Buch zu übersetzen. Und ich habe ihm geboten, auf keine andere Gabe Anspruch zu erheben, denn ich werde ihm keine andere Gabe gewähren.
Dies wurde 1835 geändert in:
Und du hast die Gabe, die Platten zu übersetzen, und das ist die erste Gabe, die ich dir verliehen habe; und ich habe dir geboten, auf keine andere Gabe Anspruch zu erheben, bis meine Absicht hierin erreicht ist; denn ich werde dir keine andere Gabe gewähren, bis dieses abgeschlossen ist. (LuB 5:4)

14. Anfangs reichte lauf Joseph Smith Umkehr und Nachfolgeschaft

Siehe, dies ist meine Lehre: Wer auch immer umkehrt und zu mir kommt, der ist meine Kirche. Wer auch immer mehr oder weniger als dies verkündet, der ist nicht von mir, sondern ist gegen mich; darum ist er nicht von meiner Kirche. (LuB 10:67-68)
Auch wenn LuB 84:27 etwas anderes behauptet, so waren die Prinzipien Glaube und Taufe im AT unbekannt. Es gab lediglich rituelle Waschungen, die bis hin zu Zeiten Johannes des Täufers an Bedeutung zugenommen hatten. Allerdings wurde es auch im NT nicht so verstanden, dass man durch die Taufe Mitglied einer Kirche würde. Auch wird das Händeauflegen für die Gabe des Heiligen Geists erst in der Apostelgeschichte erwähnt (Apg. 8:12-17; 19:1-7).

15. Tempelpraktiken in alter Zeit haben nur wenig mit den heutigen Tempeln gemein

Zumindest was die Praktiken anbelangt gibt es kaum Übereinstimmungen zwischen den Tieropfern und den heutigen Tempelverordnungen. Allerdings gibt es Parallelen hinsichtlich der Kleidung der Hohepriester und der generellen Zielsetzung, nämlich die Menschen in Verbindung und in die Gegenwart Gottes zu bringen. Auch orientiert sich das Taufbecken in unseren Tempeln mit den Stieren am Vorbild aus dem AT, wenngleich die Verwendung eine andere ist. Und man kann den celestialen Raum mit dem Allerheiligsten gleichsetzen. Außerdem gibt es Zusammenhänge zwischen den alten Tempeln und dem Schöpfungsbericht sowie der Vertreibung aus dem Paradies.

16. Vielehe gerät in Nauvoo außer Rand und Band

Zwischen 1841 und 1843 heiratete Joseph Smith 33 Frauen: 11 Alleinstehende zwischen 13 und 19 Jahren, 11 Alleinstehende älter als 19 und 11 Frauen, die bereits verheiratet waren.
  • Nur ein Teil der Ehen waren Emma bekannt. Außerdem verleugnete er öffentlich die Praxis.
  • Teilweise schickte er die Männer der Frauen auf Mission, um ihnen in Abwesenheit der Männer Anträge zu machen.
  • Im Rahmen der Anträge versprach er Errettung für die gesamte Familie der Frauen.
  • Mehrere seiner Frauen lebten zusammen mit Emma in seinem Wohnhaus. Als Emma sich beschwerte, schlug Joseph ihr zunächst vor, sie könne im Gegenzug William Law haben – wogegen sich William Law jedoch wehrte und was gemäß LuB 132:51 auch widerrufen wurde.
  • Mehrere Zeitzeugen sprechen von sexuellen Anschuldigungen gegen Joseph Smith und unangemessenem Verhalten gegenüber Frauen.
Wie Saul, David und Salomo im Alten Testament erscheint es, stürzte auch Joseph Smith aufgrund seines Egos und Libidos, letztlich seiner zu großen Macht. So ließ sich  Joseph Smith in Nauvoo sogar zum ‚König der Erde‘ durch den ‚Rat der Fünfzig‘ krönen. Als sein Ratgeber William Law erfuhr, dass Joseph in seiner Abwesenheit seiner Frau Avancen gemacht hatte, wandte er sich entsetzt von ihm ab und wollte mit dem Nauvoo Expositor die Machenschaften Joseph Smiths aufdecken. Wie bekannt ließ Joseph Smith jedoch die Druckerpresse zerstören, was schließlich zu seiner Festnahme und Ermordung führte.

17. Fülle des Priestertums nicht wiederhergestellt stattdessen Kirche verstoßen

Folgende Warnung lastete über der Kirche in Nauvoo:
„Und weiter, wahrlich, ich sage dir: Lass alle meine Heiligen von ferne hierherkommen.
 Und sendet Eilboten aus, ja, ausgewählte Boten, und sagt ihnen: Kommt mit all eurem Gold und eurem Silber und euren Edelsteinen und mit all euren alten Kostbarkeiten und mit all jenen, die von alten Kostbarkeiten Kenntnis haben—und die kommen wollen, mögen kommen—und bringt Buchsbaum und Föhre und Tanne und alle kostbaren Bäume der Erde mit;
kommt mit Eisen, mit Kupfer und mit Messing und mit Zink und mit all euren Kostbarkeiten der Erde, und baut meinem Namen ein Haus, dass der Allerhöchste darin wohnen kann.
Denn es findet sich kein Ort auf der Erde, wohin er kommen könnte, um euch das wiederherzustellen, was verlorengegangen war oder was er weggenommen hat, nämlich die Fülle des Priestertums.
Denn kein Taufbecken gibt es auf der Erde, wo sie, meine Heiligen, für diejenigen getauft werden können, die tot sind—
denn diese Verordnung gehört in mein Haus und kann für mich sonst nicht annehmbar sein, außer in den Tagen eurer Armut, solange ihr nicht imstande seid, mir ein Haus zu bauen.
Aber ich gebiete euch, allen meinen Heiligen, mir ein Haus zu bauen; und ich gewähre euch genügend Zeit, mir ein Haus zu bauen; und während dieser Zeit werden eure Taufen für mich annehmbar sein.
Aber siehe, wenn diese bestimmte Zeit zu Ende ist, werden eure Taufen für eure Toten für mich nicht mehr annehmbar sein; und wenn ihr dies nicht tut, werdet ihr nach Ablauf der bestimmten Zeit als Kirche samt euren Toten verworfen werden, spricht der Herr, euer Gott.
Wenn ihr mit all eurer Macht arbeitet, will ich jenen Platz weihen, so dass er geheiligt sei.
Und wenn mein Volk auf meine Stimme hören wird, auch auf die Stimme meiner Knechte, die ich bestimmt habe, mein Volk zu führen, siehe, wahrlich, so sage ich euch: Sie werden nicht von ihrem Platz entfernt werden.
Wenn sie aber nicht auf meine Stimme hören werden, auch nicht auf die Stimme dieser Männer, die ich bestimmt habe, so werden sie ohne Segen sein, weil sie meinen heiligen Boden und meine heiligen Verordnungen und Satzungen und meine heiligen Worte, die ich ihnen gebe, verunreinigen.
Und es wird sich begeben: Wenn ihr meinem Namen ein Haus baut, aber das, was ich sage, nicht tut, so werde ich den Eid, den ich euch leiste, nicht vollziehen und auch die Verheißungen, die ihr aus meinen Händen erwartet, nicht erfüllen, spricht der Herr.
Denn statt Segnungen bringt ihr dann durch eure eigenen Werke Fluch, Grimm, Unwillen und Richterspruch auf euer eigenes Haupt—durch eure Torheit und durch alle eure Greuel, die ihr vor mir verübt, spricht der Herr. (LuB 124:25-48)

Joseph Smith starb im Juni 1844. Bis dahin hatten die Heiligen 3 1/2 Jahre Zeit gehabt, den Tempel zu bauen. Der Nauvoo-Tempel wurde jedoch erst weitere zwei Jahre später geweiht und selbst da war er nicht wirklich fertiggestellt. Vor der Weihung zerstörte ein Feuer im Tempel Teile des Dachs und der Boden des Versammlungsraums sackte bei einer der letzten Versammlungen ein. Das Dachgeschoss wurde nie vollständig in Stand gesetzt. Den ersten Tempelbesuchern warf Brigham Young Leichtfertigkeit und Diebstahl von Tempelkleidern vor. Im Gegensatz zum Kirtland-Tempel gab es keinerlei göttliche Kundgebungen im Zusammenhang mit der Weihung. Im November 1848 wurde der Tempel in Nauvoo durch Brandstiftung und 1850 schließlich durch einen Tornado so stark zerstört, dass er vollständig abgerissen werden musste.
Wie in LuB 124 vorausgesagt, wurden die Heiligen aus Nauvoo vertrieben. Und ein Fluch lastete auf den Heiligen: in Winter Quarters herrschte Elend und die ersten Jahre im Salzseetal waren grausam. Erst mit dem Goldrausch in Kalifornien verbesserte sich die ökonomische Situation der Heiligen, als nämlich durch die Reisenden viel Geld und Ware in die Region kam. Im wahrsten Sinne erfüllte sich die Prophezeiung: „Denn statt Segnungen bringt ihr dann durch eure eigenen Werke Fluch, Grimm, Unwillen und Richterspruch auf euer eigenes Haupt—durch eure Torheit und durch alle eure Greuel, die ihr vor mir verübt, spricht der Herr.“ (LuB 124:48)


18. Welche Schlüssel soll Elija gebracht haben?

Das Erscheinen von Elija 1836 im Kirtland-Tempel wird in LuB 110 beschrieben. Allerdings wurde der Abschnitt erst 1879 zu LuB hinzugefügt. Der Abschnitt entstammt Aufzeichnungen Warren Cowderys, die in der dritten Person verfasst und 1852 gefunden und umgeschrieben wurden. LuB 110 spricht eigentlich nicht davon, dass Elija irgendwelche Schlüssel übertragen hätte.

Dass Joseph Smith die Sieglungsvollmacht besaß, macht LuB 132 deutlich. Abschnitt 132 wurde ebenfalls später dem Buch LuB hinzugefügt, als in der Kirche offen Vielehe praktiziert wurde und man sich dabei auf die Religionsfreiheit berief. Nun konnte man dies schlecht tun, solange es keine kanonisierte Rechtfertigung der Vielehe gab. Also wurde Abschnitt 132 hinzugefügt. Der Abschnitt ist wohl aus mehreren Teilen zusammengesetzt und entstand ursprünglich, um Emma Smith von der Vielehe zu überzeugen. Die Vielehe begann jedoch bereits um das Jahr 1833 herum, also muss die Offenbarung zu LuB 132 bereits vorher stattgefunden haben. Wenn Elija also erst 1836 die Sieglungsvollmacht übertragen hätte, konnte Joseph Smith diese nicht besitzen, als er gemäß LuB 132 die ersten Frauen neben Emma heiratete. Außerdem hat Joseph Smith nachweislich einzelne Personen und Gruppen im Jahr 1831 für das ewige Leben gesiegelt. Auch dies würde nicht passen, wenn die Sieglungsvollmacht erst 1836 durch Elija wiederhergestellt worden sein soll.

Das ganze Konstrukt erscheint also nicht stimmig und basiert auf einem Missverständnis von Orson Pratt aus dem Jahr 1852, der irrtümlicherweise die Offenbarung in LuB 132 auf das Jahr 1843 datierte.

19. Die Sieglungsvollmacht kommt nur durch Christus persönlich im Rahmen des Zweiten Trösters

Es muss also vielmehr so gewesen sein, dass Joseph Smith die Sieglungsvollmacht lange vor dem Erscheinen Elijas im Tempel in Kirtland erhalten hatte. Die Frage ist nun also: Kann und wurde diese Vollmacht Brigham Young und den Aposteln weitergegeben? Oder erfordert die Sieglungsvollmacht den Empfang des ‚zweiten Trösters‘?

Nephi hat die Sieglungsvollmacht direkt vom Herrn im Rahmen des ‚zweiten Trösters‘ erhalten:
„Gesegnet bist du, Nephi, um deswillen, was du getan hast; denn ich habe gesehen, wie du diesem Volk unermüdlich das Wort verkündet hast, das ich dir gegeben habe. Und du hast sie nicht gefürchtet und warst nicht auf dein eigenes Leben bedacht, sondern warst auf meinen Willen bedacht und dass du meine Gebote hältst.
 Und nun, weil du dies so unermüdlich getan hast, siehe, so werde ich dich segnen immerdar; und ich werde dich mächtig machen im Wort und im Tun, im Glauben und in Werken; ja, selbst so, dass dir alles gemäß deinem Wort geschehe, denn du wirst nichts erbitten, was gegen meinen Willen ist.
Siehe, ich gebe dir Macht, dass, was auch immer du auf Erden siegeln wirst, im Himmel gesiegelt sein wird, und was auch immer du auf Erden lösen wirst, im Himmel gelöst sein wird; und so wirst du Macht unter diesem Volk haben.“ (Helaman 10:4,5,7)

Die Lehre vom ‚zweiten Tröster‘ wird heute nicht mehr gelehrt, war jedoch eine zentrale Lehre Joseph Smiths. Die Ordinierung zum Apostelamt wurde in der Anfangszeit der Kirche nur als Einladung verstanden, die apostolische Berufung durch direkte göttliche Übertragung zu empfangen. So wurde den ersten Aposteln Folgendes mit auf den Weg gegeben:
„Hört niemals auf danach zu streben, bis ihr Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen habt. Stärkt euren Glauben, legt eure Zweifel ab, eure Sünden und all euren Unglauben, und nichts kann euch daran hindern, zu Gott zu kommen. Eure Ordinierung ist nicht vollständig und komplett, bis Gott seine Hand auf euch gelegt hat. Wir benötigen dieselbe Qualifizierung wie diejenigen, die vor uns gegangen sind. Gott ist der gleiche. Wenn der Heiland in früheren Tagen seine Hände seinen Jüngern auflegte: Warum nicht in den Letzten Tagen?“ (Documented History of the Church 2:195)
Brigham Young hat jedoch selber erklärt, er habe nie eine Erscheinung von Engeln oder gar dem Vater oder Sohn gehabt (siehe Journal of Discourses 7:243; 10:23). Somit war seine Ordinierung unvollständig geblieben.

20. Begabungs-Zeremonie vom Freimaurertum

Woher haben wir die Zeremonie der Begabung? Nun, Joseph Smith hatte sie mit Brigham Young über seinem Laden entwickelt – und zwar in starker Anlehnung an die Freimaurer-Rituale, die in Nauvoo intensiv praktiziert wurden. Interessant ist dabei der Zusammenhang zur Verstoßung seines Ratgeber John C. Bennett, der die Lehre der Mehrehe dazu missbraucht hatte, um andere Frauen zu verführen. Er hatte Joseph vorgeworfen, nichts Neues mehr offenbart zu haben. Daraufhin wurde Joseph zu einem Freimaurer, um in diesem Rahmen seine geheimen Praktiken in einem inneren Zirkel zu bewahren. Und erst daraufhin veränderte und erweiterte er die Begabung um die Geheimniskrämerei und dessen, was wir heute als Begabung kennen. Er war der Ansicht, dass er mit der Übernahme der Symbole und Handzeichen das wahre Freimaurertum wiederhergestellt habe, welches auf den Bau des Tempels Salomos zurückgehe. Wie man heute weiß, ist diese Aussage kaum haltbar. Ungeachtet der sehr zweifelhaften Zurückführung der Rituale auf den Tempel Salomos bleibt die Aussage in LuB 124, dass diese Dinge nicht im Laden Joseph Smiths, sondern nur im Tempel Nauvoos wiederhergestellt werden können. Denn noch kurze Zeit vorher hatte Hyrum Smith versichert, dass die Begabung im Nauvoo-Tempel genauso vonstattengehen sollte wie in Kirtland – und da gab es Waschungen und Salbungen, das Abendmahl und gemeinsames Profezeien usw.
Welche Priestertumsvollmacht und -schlüssel besitzt die Kirche heute angesichts dieser Umstände?

21. Ich habe aber ein Zeugnis vom Tempel durch den Heiligen Geist

Folgendes müssen wir dabei beachten:
a) Wenn der Heilige Geist Zeugnis bestimmter Wahrheiten gibt, heißt es nicht, dass das ganze damit verbundene Paket und alle Details der Praktiken wahr und richtig sind. Das Buch Mormon kann bspw. inspiriert und Joseph Smith später abgefallen sein. Oder Tempel können ein heiliger Ort trotz der kopierten Freimaurer-Rituale sein.
b) Selbst Boyd K. Packer gesteht, dass es sehr schwer ist, zwischen Emotionen und geistiger Inspiration zu unterscheiden: „Der geistige Teil von uns und der emotionale Teil von uns sind so stark miteinander verbunden, dass es möglich ist, emotionale Impulse mit etwas Geistigem zu verwechseln. Wir finden teilweise Menschen, die wie sie annehmen geistige Einflüsterungen von Gott erhalten haben, während diese Einflüsterungen entweder in ihren Emotionen begründet sind oder vom Widersacher stammen.“ (Packer, “Candle,” pp. 55­56)
Wie z.B. Professor Jonathan Haidt gezeigt hat, gibt es Emotionen, die sich wie flüssige Wärme in der Brust verbreiten und ein Kloß im Hals verursachen – und bspw. durch Reden von Barack Obama ausgelöst wurden.
c) Unsere Gefühle können uns trügen. Mittlerweile hat man über 50 mögliche kognitive Verzerrungen in Experimenten gezeigt. Es gibt daher keine Gefühle, die unabhängig von unseren Gedanken und unbewussten Wünschen und Vorstellungen existieren.

Grundsätzlich ist der Tempel ein Ort der inneren Einkehr und dem Hintersichlassen des Alltags und Besinnung auf Geistiges etwas Positives und Gutes. Auch sind die Gedanken, für die Errettung anderer etwas zu tun, Familienbande zu stärken, allen Menschen die Tür zur Errettung unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit in diesem Leben zu öffnen und sich dem Glauben zu verpflichten sehr schön. Und das kann eine Erklärung dafür sein, dass Menschen besonders positive und schöne Gefühle für den Tempel empfinden. Und das ungeachtet der theologischen Probleme, die den meisten Mitgliedern ohnehin nicht bewusst sind. Vielleicht sind die Ungereimtheiten auch alle nur als eine Prüfung unseres Glaubens gedacht…