Kognitive Dissonanz

Warum die meisten Mitglieder vor den widersprüchlichen Aspekten der Kirche Angst haben und sie unter den Teppich kehren, ignorieren oder tabuisieren: Die Antwort lautet kognitive Dissonanz.

Kognitive Dissonanz ist ein negativer Gefühlszustand, den wir verspüren, wenn wir nicht vereinbare Gedanken, Meinungen, Wünsche oder Absichten haben.
Zunächst einmal fühlen wir Verunsicherung und Angst. Um diese zu reduzieren, setzen wir unterschiedliche Strategien ein. Wir geben z.B. der Information den Vorrang, die unsere Entscheidung als richtig erscheinen lässt, und versuchen die andere Information auszublenden oder abzuwerten.

Wenn Menschen zwischen verschiedenen erstrebenswerten Optionen zu wählen haben, lässt sich auch im Alltag beobachten, dass sie die positiven Aspekte einer einmal getroffenen Entscheidung stärker hervorheben, während sie sich negativen Argumenten ganz verschließen.

„Ich weigere mich, zu glauben, dass die Kirche unwahr sein könnte!“ Menschen weigern sich ihren Glauben zu ändern, auch wenn die Tatsachen durch unzählige Fakten belegbar sind. All das, was dem Leben ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit verliehen hatte, soll plötzlich nichts als Lug und Trug sein? Das kann nicht sein, das darf nicht sein, „ich will nicht“, dass es so ist!

Ablehnung ist die primitivste Form der Verteidigung. Es ist wie mit einem Computer, der bei Überlastung einfach abschaltet. Wird dieses Wertgefühl, mit dem wir aufgewachsen sind, mit dem wir bis jetzt gelebt haben, herausgefordert, so scheint es den Mechanismen in unseren Gehirnen einfacher, dieses eine Detail, auch wenn es uns schwarz auf weiß vor die Nase gehalten wird, zu ignorieren als unser gesamtes Weltbild neu zu gestalten.

Es gibt angeblich drei Gruppen von Menschen. Die erste ist „empirisch orientiert“ oder „empirical people“. Von ihnen werden die Fakten studiert, gegeneinander abgewogen, und darauf basierend entsteht die Meinung.

Dann gibt es die so genannten „Paradigmatiker“. In diesem Fall ist eine Grundeinstellung, ein Paradigma, vorgegeben. So funktioniert die Welt. Und was in dieses Bild nicht passt, wird abgelehnt.

Der dritten Gruppe gehören die meisten Menschen an. Sie sind Wunschdenker; oder besser: Wunsch- und Angstdenker. Von ihnen wird praktisch alles zurückgewiesen, was Furcht und ein Gefühl der Unsicherheit hervorrufen könnte.

Es gibt eine alte Redewendung: Wenn dir die Botschaft nicht gefällt, dann töte den Überbringer.

Wenn eine bestimmte Information, auch wenn sie belegbar ist, nicht in ein vorgegebenes Konzept passt, dann wird sie zurückgewiesen.

Die Frage, ob die Zweifel an einer Auffassung berechtigt sein könnten, wird erst gar nicht gestellt. Fakten werden nicht eingesehen. Worten wird kein Gehör geschenkt. Aussagen werden - auch wenn es noch so schwierig ist - nach Belieben umgedeutet. Und nachdem ohnehin der größte Teil der Herde dem Hirten folgt, dann wird es sich dabei wohl um die beste Entscheidung handeln. Wer möchte schon als Außenseiter gelten? Wer möchte wie ein Außenseiter denken? Da schalten wir doch lieber unsere rationale Denkfähigkeit ab.

Satan und vorirdisches Dasein


Im Gegensatz zur Vorstellung Vieler wird die Schlange im Garten Eden im AT nicht mit Satan gleichgesetzt. Hier heißt es nur:


Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott, der Herr, gemacht hatte. (Genesis 3:1)


Erst im NT wird die Verbindung zwischen der Schlange und Satan hergestellt:

Ich fürchte aber, wie die Schlange einst durch ihre Falschheit Eva täuschte, könntet auch ihr in euren Gedanken von der aufrichtigen und reinen Hingabe an Christus abkommen. (2. Korinther 11:3)

Stellen im AT wie Jesaja 27:1 beziehen sich nicht auf die Schlange im Garten Eden, sondern das babylonische Seeungeheuer Leviatan als Sinnbild für das vor der Schöpfung herrschende Chaos bzw. den heidnischen Meeresgott der Nachbarvölker Israels.

An jenem Tag bestraft der Herr mit seinem harten, großen, starken Schwert den Leviatan, die schnelle Schlange, den Leviatan, die gewundene Schlange. Den Drachen im Meer wird er töten. (Jesaja 27:1)

Mit deiner Macht hast du das Meer zerspalten, die Häupter der Drachen über den Wassern zerschmettert. Du hast die Köpfe des Leviatan zermalmt, ihn zum Fraß gegeben den Ungeheuern der See. (Jesaja 74:13,14)

Im AT gibt es keinen Satan oder Teufel, der in Auflehnung zu Gott handelt und die Menschen verführt. Stattdessen ist Satan keine Person, sondern ein Amt im Rat Gottes. Denn laut AT kommt sowohl alles Gute als auch alles Böse von Gott. Satan kann man in gewisser Hinsicht mit der Aufgabe des Staatsanwalts bei Gericht vergleichen, außer dass er auch noch zum Verbrechen verführt und für Verbrechen bestraft.

Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen; gelobt sei der Name des Herrn. (Hiob 1:21)
Nehmen wir das Gute an von Gott, sollen wir dann nicht auch das Böse annehmen? (Hiob 2:10)
Der Herr entgegnete ihm: Wer hat dem Menschen den Mund gegeben und wer macht taub oder stumm, sehend oder blind? Doch wohl ich, der Herr! (Exodus 4:11)
Ich aber will das Herz des Pharao verhärten und dann werde ich meine Zeichen und Wunder in Ägypten häufen. (Exodus 7:3)
Er wandelte ihren Sinn zum Hass gegen sein Volk, sodass sie an seinen Knechten tückisch handelten. (Psalm 105:25)
Ich erschaffe das Licht und mache das Dunkel, ich bewirke das Heil und erschaffe das Unheil. Ich bin der Herr, der das alles vollbringt. (Jesaja 45:7)
Warum lässt du uns, Herr, von deinen Wegen abirren und machst unser Herz hart, sodass wir dich nicht mehr fürchten? (Jesaja 63:17)
Der Geist des Herrn war von Saul gewichen; jetzt quälte ihn ein böser Geist, der vom Herrn kam. (1. Sam. 16:14)

So gehört Satan zu den Gottessöhnen im Himmel:

Nun geschah es eines Tages, da kamen die Gottessöhne, um vor den Herrn hinzutreten; unter ihnen kam auch der Satan. (Hiob 1:6)

Dass die Mitglieder im Rat Gottes auch die Aufgabe haben,  für Versuchung zu sorgen, wird besonders hier deutlich:
Micha aber fuhr fort: Darum - höre das Wort des Herrn: Ich sah den Herrn auf seinem Thron sitzen; das ganze Heer des Himmels stand zu seiner Rechten und seiner Linken. Und der Herr fragte: Wer will Ahab betören, sodass er nach Ramot-Gilead hinaufzieht und dort fällt? Da hatte der eine diesen, der andere jenen Vorschlag. Zuletzt trat der Geist vor, stellte sich vor den Herrn und sagte: Ich werde ihn betören. Der Herr fragte ihn: Auf welche Weise? Er gab zur Antwort: Ich werde mich aufmachen und zu einem Lügengeist im Mund all seiner Propheten werden. Da sagte der Herr: Du wirst ihn betören; du vermagst es. Geh und tu es! So hat der Herr jetzt einen Geist der Lüge in den Mund all deiner Propheten gelegt; denn er hat über dich Unheil beschlossen. (1. Könige 22:19-23)

Im Vater-Unser findet sich ein Nachklang dieser Vorstellung mit: Und führe uns nicht in Versuchung.
J
esaja 14:12-15 wird fälschlicherweise Satan zugeschrieben:
Ach, du bist vom Himmel gefallen, du strahlender Sohn der Morgenröte. Zu Boden bist du geschmettert, du Bezwinger der Völker. Du aber hattest in deinem Herzen gedacht: Ich ersteige den Himmel; dort oben stelle ich meinen Thron auf, über den Sternen Gottes; auf den Berg der (Götter-) versammlung setze ich mich, im äußersten Norden. Ich steige weit über die Wolken hinauf, um dem Höchsten zu gleichen. Doch in die Unterwelt wirst du hinabgeworfen, in die äußerste Tiefe.

Wie Vers 20 jedoch deutlich macht, wird hier nicht über den Teufel gesprochen, sondern über den König von Babylon, der wie im Orient üblich mit Gott verglichen wird:
Du hast dein eigenes Land zugrunde gerichtet, hingemordet dein eigenes Volk; darum soll man die Namen der Nachkommen dieses Verbrechers niemals mehr nennen.

Erst im NT wird Satan als gegen Gott handelndes Wesen dargestellt, wie es in den Versuchungen Jesu deutlich wird (Matth. 4:1-11). Woher der Wandel? Man geht davon aus, dass die persischen Dämonen-Vorstellungen einen Einfluss auf die jüdischen Vorstellungen gehabt haben. Nach Christi musste man nun die Vorstellungen des AT mit dem NT verbinden. Dazu finden wir im Lukasevangelium einen ersten Hinweis:
Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. (Lukas 10:18)

Am deutlichsten wird es in Offenbarung 12. Hier wird Satan sowohl mit der Schlange aus Genesis als auch dem babylonischen Drachen gleichgesetzt:
Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen. (Offenb. 12:9)

In der Bibel wird Satans Vertreibung nicht im Zusammenhang mit Geschehnissen vor der Grundlegung der Welt beschrieben. Unklar bleibt, wann genau der Kampf stattgefunden haben soll. Die meisten Interpretationen gehen davon aus, dass Satan zunächst die im AT beschriebene göttliche Aufgabe des Anklägers ausübte, dann irgendwann übermütig wurde und schließlich aus dem Himmel vertrieben wurde.
Offenbarung erklärt somit, warum nach Gottes Sieg am Kreuz nach wie vor Sünde und Verfolgung der Gläubigen existieren. Der Autor von Offenbarung ging jedoch davon aus, dass der endgültige Sieg über Satan unmittelbar bevorstand. Aus heutiger Sicht ist es somit nicht verständlich, warum Gott das Treiben Satans auf der Welt nach seiner Vertreibung und die von ihm kontrollierte Versuchung in seinem Sinne im AT nun als Krieg gegen ihn duldet.
Andere Theologen sehen alle Berichte über Satan in der Bibel als bildlich, als Versuch, das Böse im Menschen zu erklären. Denn so muss man den Menschen nur zum Teil für seine niederen Taten verantwortlich machen.
Buch Mormon und Lehre Bündnisse bestätigen den Fall Satans bzw. dessen Vertreibung aus dem Himmel. Für die AT-Zeit jedoch untypisch haben die Akteure im BM von Anfang an eine nachchristliche Vorstellung von Satan.
Und ich, Lehi, muß nach dem, was ich gelesen habe, notwendigerweise annehmen, daß ein Engel Gottes, nach dem, was geschrieben steht, vom Himmel gefallen war; darum ist er ein Teufel geworden, denn er hatte nach dem getrachtet, was böse ist vor Gott.  (2. Nephi 2:17)

Und der auch zu Joseph Smiths Zeiten bekannten Lehre vom rein bildlichen Verständnis des Teufels wird im BM eine klare Absage erteilt. Darüber hinaus muss Laut 2. Nephi 2:18 der Fall Satans vor Grundlegung der Welt stattgefunden haben, da er mit der Schlange aus dem Garten Eden gleichgesetzt wird.

In LuB wird die Lehre aus dem BM zunächst bestätigt:
Der Teufel versuchte Adam, und dieser aß von der verbotenen Frucht und übertrat das Gebot, wodurch er dem Willen des Teufels untertan wurde, weil er der Versuchung nachgab. (LuB 29:40)
Und dies haben wir auch gesehen und geben Zeugnis, daß ein Engel Gottes, der in der Gegenwart Gottes Vollmacht hatte, der sich auflehnte gegen den Einziggezeugten Sohn, den der Vater liebte und der am Herzen des Vaters war, aus der Gegenwart Gottes und des Sohnes hinabgeworfen wurde  und Verderben genannt wurde, denn die Himmel weinten über ihn—er war Luzifer, ein Sohn des Morgens. (LuB 76:25-26)

Und so kommen wir zum vorirdischen Dasein:

Im AT finden wir keine klaren Hinweise auf einen Geist oder Seele, die getrennt vom Körper des Menschen existiert.

Genesis 2:7 spricht nur davon, dass durch den Lebensatem der Mensch zu einem lebendigen Wesen wurde.
Ich hauche euch meinen Geist ein, dann werdet ihr lebendig und ich bringe euch wieder in euer Land. (Hesekiel 37:14)

Schriftstellen wie diese könnten jedoch so gedeutet werden:
Jedoch, es ist der Geist im Menschen, des Allmächtigen Hauch, der ihn verständig macht. (Hiob 32:8)
… der Staub auf die Erde zurückfällt als das, was er war, und der Atem zu Gott zurückkehrt, der ihn gegeben hat. (Kohelet 12:7)

Auch im NT wird nicht klar, was genau der Geist oder die Seele des Menschen ist.
Denn lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens; (Heb. 4:12)
Der Gott des Friedens heilige euch ganz und gar und bewahre euren Geist, eure Seele und euren Leib unversehrt, damit ihr ohne Tadel seid, wenn Jesus Christus, unser Herr, kommt. (1. Thess. 5:23)

Genauso wenig spricht es im AT oder NT von einer realen Existenz des Menschen vor seiner Geburt. So kann diese Aussage genauso als Bestätigung des Vorherwissens Gottes verstanden werden:
Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt. (Jeremia 1:5)

Die Frage in Hiob Wo warst du, als ich die Erde gegründet? (Hiob 38:7) stellt eher in Frage, dass Hiob bei der Erschaffung der Erde dabei war. Und es ist wohl so, dass Hiob nicht zu den jubelnden Gottessöhnen gehörte. Vielmehr wurde darunter der Rat der Götter bzw. Engel verstanden.

Im NT wird häufig die Aussage anlässlich der Heilung eines von Geburt an Blinden als Bestätigung des Glaubens an ein vorirdisches Dasein verstanden.
Da fragten ihn seine Jünger: Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst? Ober haben seine Eltern gesündigt, sodass er blind geboren wurde? (Johannes 9:2)

Erstens lässt sich aus der Antwort Jesu keine Bestätigung erkennen. Zweitens bezieht sich die Aussage wahrscheinlich auf den rabbinischen Glauben an die Möglichkeit zur Sünde im Bauch der Mutter oder die verbreitete Vorstellung von der Möglichkeit der Wiedergeburt:
Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn? Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. (Matth. 16:14)

Auch im BM finden sich keine klaren Hinweise auf ein vorirdisches Dasein, wohl aber die Vorstellung von einer vom Körper getrennt existierenden Seele.

Einzig Alma 13:3 könnte als Hinweis auf ein vorirdisches Dasein gesehen werden. Aus Alma 13:3 geht jedoch nicht klar hervor, ob sich die beschriebene Rechtschaffenheit auf ein Handeln im vorirdischen Dasein oder Gottes Vorherwissen der Rechtschaffenheit auf Erden bezieht.
Und dies ist die Weise, nach der sie ordiniert wurden—sie waren von Grundlegung der Welt an gemäß dem Vorherwissen Gottes und aufgrund ihres außerordentlichen Glaubens und ihrer guten Werke berufen und vorbereitet; zuallererst war es ihnen überlassen, Gut oder Böse zu wählen; weil sie nun das Gute erwählt und überaus großen Glauben ausgeübt haben, sind sie durch eine heilige Berufung berufen, ja, durch jene heilige Berufung, die zusammen mit einer vorbereitenden Erlösung und gemäß derselben für so jemand bereitet worden ist.

Weiterhin finden sich erste Hinweise in der Bibelübersetzung Joseph Smiths des Schöpfungsberichts, in Mose 3:5:
und jede Pflanze des Feldes, bevor sie auf Erden war, und jedes Kraut des Feldes, bevor es wuchs. Denn ich, der Herr, Gott, erschuf alles, wovon ich gesprochen habe, geistig, ehe es natürlich auf dem Antlitz der Erde war. Denn ich, der Herr, Gott, hatte noch nicht regnen lassen auf dem Antlitz der Erde. Und ich, der Herr, Gott, hatte alle Menschenkinder erschaffen und doch noch keinen Menschen, der die Erde bebaute, denn im Himmel erschuf ich sie, und noch war kein Fleisch auf der Erde, auch nicht im Wasser, auch nicht in der Luft;

Es spricht von einer geistigen Schöpfung im Himmel. Es bleibt unklar, was genau darunter zu verstehen ist. Ist darunter die Planung zu verstehen oder die Kreation von Geistkörpern und Geistpflanzen? Es wird allerdings nicht davon gesprochen, dass etwa die geistige Schöpfung der Tiere anders verlaufen wäre als der Menschen. Auch gemäß LuB 77:2 ist es so, dass nicht nur die Menschen Geister besitzen, sondern alle Lebewesen – also auch alle Mücken, Fliegen und Spinnen.  
der Geist des Menschen gleicht seiner körperlichen Gestalt und ebenso der Geist der Tiere und eines jeden anderen Geschöpfs, das Gott geschaffen hat.

Waren die dann auch im vorirdischen Dasein bei Gott? Und begegnen wir den Abermilliarden an Insekten etwa wieder in der Auferstehung?

1833 fügt Joseph Smith diesen Lehren die Vorstellung aus dem Freimaurertum von Intelligenz und Licht hinzu sowie die Andeutung, dass es etwas vom Menschen gibt, was nicht erschaffen wurde, sondern ewig existiert:
Der Mensch war auch im Anfang bei Gott. Intelligenz oder das Licht der Wahrheit wurde nicht erschaffen oder gemacht und kann es auch gar nicht. (LuB 93:29)

Zunächst einmal erscheint es als ein Widerspruch zu dem, was Joseph Smith vorher gelehrt hatte, nämlich:
Denn durch die Macht meines Geistes habe ich es erschaffen; ja, alles, Geistiges und auch Zeitliches (LuB 29:31)
und damit sie sich mit dem Maß an Menschen fülle, gemäß seiner Erschaffung, ehe die Welt gemacht wurde. (LuB 49:17)

Auch mit der offenbarten „Übersetzung“ der Pergamente von den Mumien in Nauvoo in Form des Buch Abrahams wird beschrieben, dass der Mensch etwas Ewiges beinhaltet:
[Die Geister] haben zuvor existiert, sie werden kein Ende haben, sie werden hernach existieren, denn sie sind n-olam oder ewig. (Abr. 3:18)

Die Erschaffung muss dann also die beschriebene Formung sein:
Nun hatte der Herr mir, Abraham, die Intelligenzen gezeigt, die geformt wurden, ehe die Welt war; (Abr. 3:22)

Im Englischen spricht es von ‚organization‘, also Organisation statt Formung. So sprach Joseph Smith davon, dass eine Organisation durch die Ordnung des Priestertums stattfand.

Erst nach Joseph Smiths Tod entwickelte sich die Lehre von der geistigen Geburt des Menschen, nämlich Gott habe aus den ewig existierenden Intelligenzen Geistkinder geschaffen. Joseph Smith hingegen hat gelehrt, dass der Geist der Menschen von ewiger Natur ist:
Der Geist des Menschen ist kein geschaffenes Wesen. Es existierte von Ewigkeit und wird bis in alle Ewigkeit existieren. (Ehat and Cook, The Words of Joseph Smith, S. 9)
Ich glaube, dass die Seele ewig ist und keinen Anfang besitzt. (Ehat and Cook, The Words of Joseph Smith, S. 33)
Wenn die Seele des Menschen einen Anfang hätte, hätte sie sicher auch ein Ende. […] Geister sind ewig. (Ehat and Cook, The Words of Joseph Smith, S. 60)
Der Geist oder die Intelligenz der Menschen sind selbst existierende Prinzipien. (Ehat and Cook, The Words of Joseph Smith, S. 68)

Joseph Smith hat ‚Geister‘, ‚Seele‘ und ‚Intelligenz‘ wechselnd verwendet, aber klar als ewig existierend erklärt. Die Formung bzw. Organisation bestand in einer Ordnung der Seelen:
Er, der in den Himmeln regiert, wenn er ein bestimmtes Werk zu tun hat, ruft die Geister zu ihm, um sie zu organisieren. (Ehat and Cook, The Words of Joseph Smith, S. 207)

Wurden Geister nun geschaffen? Wurden sie geboren? Oder existierten sie von aller Ewigkeit an? Gibt es einen Unterschied zwischen Intelligenz und Geistelement? Fragen über Fragen. Die Lehre von der Geistgeburt entstand vermutlich auf Basis von LuB 132:19, wo die Erhöhung als eine Fülle und eine Fortsetzung der Samens bezeichnet wird, was als Möglichkeit interpretiert wird, Geistkinder zu erschaffen.
Auf jeden Fall muss man feststellen, dass es sehr schwer fällt, die verschiedenen Lehren aus den einzelnen Heiligen Schriften in Einklang zu bringen. Und es ist auch eine Mär, dass die Lehre Joseph Smiths für Klarheit gesorgt hätte. Die vereinfachte heutige Lehre verdanken wir eher Leuten wie Parley P. Pratt und Bruce R. McConkie.

Bleibt noch der Rat und Krieg im Himmel:

Wie bereits dargestellt gibt es im AT keinen Hinweis auf einen Gott feindlich gesinnten Satan. Hinweise auf eine Auseinandersetzung im Himmel beziehen sich auf heidnische Vorstellungen von kämpfenden Drachen während der Schöpfung (siehe bspw. Jesaja 51:9). Darüber hinaus gibt es die Legende von Engeln, die entgegen dem Willen Gottes auf die Erde kamen und sich Frauen nahmen. Dies wird in Genesis 6 beschrieben und als eine der Ursachen für die Notwendigkeit der Flut angeführt, denn diese hätten üble Riesen als Kinder zur Welt gebracht. Hierauf bezieht sich Judas 1:6:
Die Engel, die ihren hohen Rang missachtet und ihren Wohnsitz verlassen haben, hat er mit ewigen Fesseln in der Finsternis eingeschlossen, um sie am großen Tag zu richten.

Möglicherweise entstammt dieser Schriftstelle die LDS-Lehre vom ersten Stand (in der King James Bibel heißt es ‚ersten Stand‘ statt ‚hohen Rang‘), wie sie dann in Abr. 3:26 zum Ausdruck kommt. Wie dem auch sei, nach jüdischem Glauben wurden diese rebellischen Engel an einen besonderen Ort unter der Erde verbannt. Und dies wird im NT aufgegriffen als den Ort, den Jesus während seiner Zeit im Grab besucht haben soll.

Joseph Smith hat in Mose 8:13-15 die Geschichte umgedreht. So sollen gläubige Frauen ungläubige Männer geheiratet haben. Später hat Joseph Smith diese Interpretation jedoch wieder revidiert:
Die Geschichte von Josephus, in der er von Engeln spricht, die herunter kamen und sich von den Töchtern der Menschen Frauen nahmen […] dies waren auferstandene Wesen, die die celestialen Gesetze brachen. (George Laub´s Nauvoo Journal, S. 174)

Die Verbannung dieser rebellischen Engel hat nichts mit einem Krieg im Himmel zu tun. Der einzige Verweis in der gesamten Bibel auf einen Konflikt im Himmel findet sich in Offenbarung 12. Aus Offenbarung wird nicht deutlich, wann der Konflikt stattfand. Bibelforscher sehen darin einen Ausdruck der Zuspitzung zwischen den Guten und Schlechten Kräften kurz vor dem Millenium, wie sie in der Verfolgung der frühen christlichen Kirche gesehen wurde.

Im Buch Mormon findet sich nur der Hinweis in 2. Nephi 2:17 auf den Fall Satans. Und auch in der Köstlichen Perle wird nirgendwo von einem Krieg im Himmel gesprochen. Einzig dass Satan und seine Anhänger sich aus dem Himmel verabschiedeten:
Und der zweite wurde zornig und bewahrte sich seinen ersten Stand nicht, und an jenem Tag folgten ihm viele nach. (Abr. 3:28)

In LuB heißt es erst nur, dass Satan Krieg auf der Erde führt:
Und während wir noch im Geist waren, gebot uns der Herr, die Vision niederzuschreiben; denn wir erblickten den Satan, jene alte Schlange, nämlich den Teufel, der sich gegen Gott auflehnte und danach trachtete, das Reich unseres Gottes und seines Christus an sich zu nehmen— darum führt er Krieg mit den Heiligen Gottes und schließt sie ringsum ein. (LuB 76:28-29)

Laut LuB 88 (als Joseph Smith sich mit Offenbarung 12 beschäftigte) findet der Krieg zwischen den Heeren Michaels und Satans nach dem Millenium statt:
Und der Teufel wird seine Heere sammeln, nämlich die Scharen der Hölle, und wird zum Kampf gegen Michael und seine Heere heranrücken.  Und dann kommt die Schlacht des großen Gottes; und der Teufel und seine Heere werden an ihren eigenen Ort geworfen werden, so daß sie über die Heiligen nimmermehr irgendwelche Macht haben werden. (LuB 88:113-114)

Die Mär vom Krieg im Himmel hat somit keinerlei Fundament in den Heiligen Schriften oder Lehren Joseph Smiths. Sie entstammt einzig Orson Pratts Interpretation von Offenbarung 12, die er 1853 gab. Daraus entwickelten sich verschiedenste Vorstellungen dieses angeblichen Kriegs bis hin zur Lehre, die Schwarzen wären während dieses Krieges nicht tapfer genug gewesen und deshalb wurde ihnen das Priestertum vorenthalten. Noch heute gibt es viele Mitglieder, denen in ihren patriarchalischen Segen von einer besonderen Rolle in jenem vorirdischen Krieg berichtet wird – alles auf Basis von Kirchenlegenden.
Eine weitere Kirchenlegende ist die, dass Satan in jenem vorirdischen Rat die Entscheidungsfreiheit wegnehmen und uns alle zu gutem Handeln zwingen wollte.  Mose 4:1 spricht aber nur davon, dass er alle Menschen – egal, was sie tun würden – erlösen wollte:
Und ich, der Herr, Gott, sprach zu Mose, nämlich: Jener Satan, dem du im Namen meines Einziggezeugten geboten hast, ist derselbe, der von Anfang an gewesen ist; und er trat vor mich und sprach: Siehe, hier bin ich, sende mich; ich will dein Sohn sein, und ich will die ganze Menschheit erlösen, daß auch nicht eine Seele verlorengeht, und gewiß werde ich es tun; darum gib mir deine Ehre.

Joseph Smith hat gelehrt, dass Satan damit prahlte indem er sagte: Sende mich, ich kann alle erretten, selbst diejenigen, die gegen den Heiligen Geist sündigen. (George Laub´s Nauvoo Journal, S. 171)

Auch Orson Pratt lehrte:
Die Entscheidungsfreiheit wurde allen intelligenten Wesen gegeben. Und Satan versuchte dies zu zerstören und alle in ihren Sünden zu erretten.

Also nichts von Zwang. Die große Frage bleibt jedoch, wenn es Satan gibt, warum er nicht das nahe liegende tut, um den Plan Gottes zu vereiteln, nämlich nichts.

Fazit:

So klar und einfach ist die Lehre vom Plan Gottes mit vorirdischen Dasein usw. ganz und gar nicht. Viele der heutigen Lehren stehen im Widerspruch zu biblischen Aussagen oder lassen sich kaum darin wiederfinden. Und das Buch Mormon als Buch mit der Fülle des Evangeliums bringt wenig zusätzliche Erleuchtung.