Unglaublich: die Schiffsfahrt der Jarediten



Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage lehrt ja, dass das Buch Mormon ein altertümlich-historisches Dokument sei, welches die (primär religiöse) Geschichte mehrerer Ureinwohner-Völker des amerikanischen Kontinents erzählt, die ursprünglich aus dem mittleren Osten stammten.

Meine ersten Zweifel an der Historizität des Buches Mormon kamen auf, als ich mich mit der alttestamentlichen Geschichte beschäftigte und unter anderem die Geschichte vom Turmbau zu Babel und der damit einhergehenden Sprachenverwirrung als mythische Legende begriff. Wie konnte eine Legende realer Schauplatz des Buches Ether und Ausgangspunkt der Geschichte vom Bruder Jareds sein? Auch wird auf die Arche Noah Bezug genommen, welche es ebenso kaum buchstäblich gegeben haben dürfte.

Schaue ich mir heute die Geschichte noch einmal an, so überrascht mich, wie wahnsinnig unglaubwürdig sie eigentlich ist, und es erstaunt mich, dass mir diese Unglaubwürdigkeit vorher nicht aufgefallen ist.

Ether Kapitel 2 beschreibt, wie die Sippe um Jared und seinen Bruder von der Sprachenverwirrung verschont wurde und ein erstes Mal mit Schiffen weggefahren ist. Nach weiteren 4 Jahren sollten sie dann noch einmal Schiffe genauso wie beim ersten Mal bauen (2:16). Und hierbei fällt ihnen plötzlich ein, dass diese innen dunkel sind und keinen Luftzugang besitzen. Das war offensichtlich bei den ersten Schiffen, die in gleicher Weise gebaut wurden, kein Problem. Und dass ihnen diese Probleme erst am Ende des Projekts aufgefallen sein soll, ist ebenso merkwürdig. Schließlich muss es Monate gedauert haben, um derartige Schiffe zu bauen, die die Familien samt „Futter für ihr Kleinvieh und ihre Herden und jedes Tier oder Nutztier oder jeden Vogel“ (6:4) für eine 344-tägige Reise beherbergen würden.

Glücklicherweise hatte der Herr mitgedacht: „Denn siehe, ihr könnt keine Fenster haben, denn sie würden in Stücke geschlagen werden…“ Problematisch dabei ist nur, dass es Fenster, die zerschlagen werden könnten, erst ab dem 1. Jahrhundert nach Christi gegeben hat.

Also wurden nachträglich!!! oben und unten Löcher eingefügt, die verschlossen werden konnten.
„Siehe, du sollst ein Loch im Oberteil machen und auch im Boden; und wenn es dir an Luft mangelt, sollst du das Loch auftun und Luft erhalten.“ (2:20)

Wenn es also stickig wurde und die ersten Vögel umgekippt sind, hat man die Löcher aufgemacht. Dummerweise merkt man häufig erst zu spät, dass Sauerstoffmangel herrscht. Und ein einziges Loch, um ein ganzes Schiff voller Menschen und Tieren mit Sauerstoff zu versorgen? Bekanntermaßen sind Tiere in der Regel nicht stubenrein, haben Ausdünstungen und riechen auch schon mal ein wenig.

Wie leicht konnten die Schiffe wirklich gewesen sein, wenn sie zusätzlich zu den Menschen und Tieren noch Vorräte (Essen und Trinken) für nahezu ein ganzes Jahr aufnehmen mussten? Das können dann schon mal gut 1.000 kg pro Tier sein.

Wie haben sie all die Tiere und Vorräte so unterbringen können, dass schlimmste Wellengänge sogar kopfüber überstehen werden konnten? „Viele Male wurden sie in den Tiefen des Meeres begraben, wegen der Wellenberge, die über sie hereinbrachen, und auch der großen und schrecklichen Unwetter, die von der Heftigkeit des Windes verursacht wurden.“ (6:6) Das ist selbst mit den heutigen Techniken wie Behältern, Gurtsystemen usw. nicht vorstellbar.

Warum eigentlich 344 Tage, wenn doch die Bedingungen optimal waren: „Der Wind hörte nie auf, zum verheißenen Land hin zu blasen, solange sie auf den Wassern waren; und so wurden sie vor dem Wind hergetrieben.“ (6:8) Thor Heyerdahl hatte mit der Ra von Afrika nach Südamerika nur 57 Tage gebraucht.
Übrigens sollen alle 8 Schiffe die gleiche Route genommen und zur gleichen Zeit angekommen sein.

Trotz all der Probleme - monatelangem Aufenthalt unter beengten, schrecklichen hygienischen Bedingungen, Verwüstungen und Verletzungen durch das Auf und Ab der Wellen, mit kleinen Kindern usw. -  sollen die Reisenden fröhlich gesungen und dem Herrn gedankt haben:
„Und sie lobsangen dem Herrn; ja, Jareds Bruder lobsang dem Herrn; und er dankte dem Herrn und pries ihn den ganzen Tag lang; und als die Nacht kam, hörten sie nicht auf, den Herrn zu preisen.“ (6:9)

Sorry, aber das ist einfach jenseits all dessen, was ein vernünftiger Mensch auch nur als entfernt möglich annehmen kann. Ich kann das nur noch als wilde Fabelei abtun, als phantasievolle Steigerung biblischer Geschichten.