Warum die Kirche irgendwann die Homoehe akzeptieren wird

1. Die Proklamation zur Familie ist keine Offenbarung

Boyd. K. Packer versuchte auf der Generalkonferenz im Oktober 2010 die Proklamation in den Rang einer Offenbarung zu erheben, wurde jedoch korrigiert und so wurde seine Rede nachträglich korrigiert:

Das hat er gesagt:
Vor fünfzehn Jahren brachten die Erste Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf Apostel in einer Welt voller Aufruhr das Dokument „Die Familie – eine Proklamation an die Welt“ heraus, die fünfte Proklamation in der Geschichte der Kirche. Sie entspricht gemäß Definition einer Offenbarung und die Mitglieder der Kirche täten gut daran, diese Orientierungshilfe zu lesen und sich daran zu halten.

Daraus wurde:
Vor fünfzehn Jahren brachten die Erste Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf Apostel in einer Welt voller Aufruhr das Dokument „Die Familie – eine Proklamation an die Welt“ heraus, die fünfte Proklamation in der Geschichte der Kirche. Die Mitglieder der Kirche täten gut daran, diese Orientierungshilfe zu lesen und sich daran zu halten.

Somit gibt es keine offizielle Lehre der Kirche, die die heutige Position der Kirche unverrückbar macht.

Das letzte Mal, als ein Prophet die Formulierung "So spricht der Herr" genutzt hat, war übrigens 1898.

2. Die Kirche hat in der Vergangenheit ihre Position zu gesellschaftlichen Themen verändert

Die bekanntesten Änderungen von Grundsätzen der Kirche betreffen das Aussetzen der Vielehe (und mittlerweile kann man sogar von Abkehr sprechen, da Präsident Hinckley ja geäußert hat, dies läge alles hinter uns) und das Priestertum für alle würdigen Männer einschließlich Schwarzafrikaner und deren Nachkommen.

Aber auch andere Lehren wurden über die Zeit weniger betont, relativiert und teilweise sogar als falsch erklärt. So erklärte Joseph F. Smith in der Aprilkonferenz 1900 und in folgenden Jahren die Geburtskontrolle und somit den Einsatz von Verhütungsmitteln als schwerwiegende Sünde. 1916 bestätigte die Erste Präsidentschaft offiziell ihre Ablehnung, die sogar soweit ging:
"Es gibt für diejenigen keine Hoffnung auf ewige Errettung und Erhöhung."

Oder man denke an die Adam-Gott-Lehre, die sogar einmal Teil der Tempel-Begabung war. Oder die Aufforderung im Wort der Weisheit, Fleisch nur in Zeiten der Not und des übermäßigen Hungers zu essen. Ende des 19. Jahrhunderts hatten Führer wie George Q. Cannon und Lorenzo Snow dies noch betont. Oder die Aufforderung an Mütter, zuhause zu bleiben statt arbeiten zu gehen.

Was Propheten also heute sagen, kann morgen schon überholt sein und sich als fälschlich herausgestellt haben.

3. Die Verurteilung von homosexuellen Beziehungen basiert auf ähnlich dubiosen Statements in den Heiligen Schriften wie die Diskriminierung der Schwarzen

Wer sich auf die Aussagen von Levitikus 18:22 und 20:13 beruft, sollte bedenken, dass im gleichen Zusammenhang Sex mit menstruierenden Frauen, das Tragen von Kleidung aus verschiedenen Fäden oder gemäß Levitikus 21 die Teilnahme von Behinderten an Priestertumsdiensten verurteilt wird. Und selbst die scheinbar deutliche Passage in Römer 1:26-27 sagt eigentlich aus, dass gottlose, heidnische Menschen als Strafe für ihre Gottlosigkeit homosexuelle Begierden erhalten. Wer dieser Aussage also Glauben schenkt, geht davon aus, dass Homosexualität eine Strafe Gottes ist.

Da ist selbst die heutige Kirche weiter und - vielleicht mit der Ausnahme von Boyd K. Packer und BYU Professor Bill Bradshaw - bestreitet nicht mehr, dass es einen biologischen Zusammenhang gibt. Zumindest verteufelt sie nicht mehr die homosexuellen Neigungen an sich.

4. Die Kirche unternimmt Schritte in Richtung Verständnis und Akzeptanz

Die Kirche rät nicht mehr dazu, dass Homosexuelle eine heterosexuelle Ehe eingehen sollen. Auch verspricht sich nicht mehr, dass durch Umkehr und Therapie eine Änderung der sexuellen Orientierung möglich ist. Die Kirche hat die Verabschiedung von Antidiskriminierungs-Gesetzen in Utah gegenüber Homosexuellen unterstützt. Und auch die Website mormonsandgays.org kann als Zeichen für einen langsamen Wandel gesehen werden, ebenso die Änderungen im Handbuch 2010.

5. Die Kirche reagiert auf die Öffentlichkeit sowie Bewegungen der Mitglieder

Sei es die Beendigung der Polygamie, Priestertum für Schwarze, aber auch Wort der Weisheit und Frauenhilfsvereinigung sowie Fastopfer gehen auf öffentlichen Druck bzw. Initiativen von Mitgliedern zurück. Jüngstes Beispiel passierte auf der jetzigen Frühjahrsgeneralkonferenz, als erstmals eine Frau beten durfte, was auf eine Briefaktion von Mitgliedern Ende vergangenen Jahres zurückgeht.

Man denke dabei an das Interview mit Präsident Gordon B. Hinckley im Jahre 1997 in Australien durch David Ransom. Als Ransom ihn fragte, ob die Richtlinie geändert werden könnte, die besagt, dass Frauen nicht zum Priestertum ordiniert werden dürfen, antwortete Präsident Hinckley mit: “Ja, aber es gibt keine Unruhe [agitation] diesbezüglich.” Will heißen, erst wenn sich genügend Mitglieder dazu äußern, wird das Thema in der Ersten Präsidentschaft und dem Rat der Zwölf adressiert.

6. Theologische Grundlage in der Gottheit begründet

Gegner von Homoehe und Adoptionsrecht für Homosexuelle begründen ihr Ablehnung oftmals mit dem Argument, dass Kinder dann in einer verqueren, rein männlichen Elternsituation aufwachsen würden. Wenn wir uns die Gottheit mit den drei männlichen Bezugspersonen Gott Vater, Jesus und Heiliger Geist anschauen, so haben wir es aber auch nur mit Männern zu tun. Die göttliche Mutter spielt ja für uns hier auf der Erde anscheinend keine Rolle. Insofern sollte eine rein männliche Familienführung eigentlich okay sein.