CES par excellence

Ein 'gutes' Beispiel für die Indoktrination und Polemik, die Diffamierung Anders- und Ungläubiger sowie die Ignoranz und Niveaulosigkeit in Sachen Bibelforschung des LDS Seminar- und Institutsprogramms (CES) findet sich in der CES-Andacht vom Januar 2014 mit Elder Tad R. Callister:

Hier die Highlights:

"Wollte man den Bauplan der Urkirche Christi mit allen anderen Kirchen auf der heutigen Welt abgleichen, würde man feststellen, dass Punkt für Punkt, Organisation für Organisation, Lehre für Lehre, Verordnung für Verordnung, Frucht für Frucht und Offenbarung für Offenbarung sich nur eine damit deckt: die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage."
"Was es an Einwänden aus geschichtlicher oder gesellschaftlicher Sicht und an angeblichen wissenschaftlichen Widersprüchen auch geben mag, ist alles Nebensache. Hauptsache sind die Lehren und Verordnungen, ist die Macht des Priestertums und sind die weiteren Früchte unserer Kirche, von denen wir etliche heute angesprochen haben."
"Ich habe noch nie einen Gegner getroffen, der mir auf die folgenden Fragen im „Kreuzverhör“ eine zufriedenstellende Antwort geben konnte.
Erstens: Woher wusste Joseph Smith, wie die Lehren und heiligen Handlungen aus der Bibel wiederherzustellen waren, darunter die Lehre vom vorirdischen Dasein, vom wahren Wesen Gottes, vom Evangelium, das den Toten verkündet wird, von der Taufe für Verstorbene und viele weitere, über die wir heute gesprochen haben, wenn diese Lehren und heiligen Handlungen von anderen Kirchen seiner Zeit gar nicht verkündet wurden? Warum war Joseph Smith der Einzige, der diese Lehren entdeckte und sie wiederherstellte? Selbst wenn man ihn für ein theologisches Genie hält – warum gab es dann kein anderes solches Genie in den 1800 Jahren seit dem geistlichen Wirken des Erretters, das es ihm gleichtun konnte?

Zweitens: Wenn diese Kirche nicht die Kirche Christi ist, warum finden sich dann dort dieselben Früchte wie in der Urkirche Christi wieder, nämlich Wunder, Geistesgaben, fortwährende Offenbarung von Aposteln und Propheten, Engel und Visionen, Mitglieder, die gesund sind, sittlich anständig leben, den Missionsgedanken verinnerlicht haben und bei denen die Familie im Mittelpunkt steht? Hat nicht der Erretter das Kennzeichen genannt – dass man sie an ihren Früchten erkennen wird (siehe Matthäus 7:20)?"
"Und auch alle Fragen von Kritikern, mögen sie noch so bohrend, faszinierend oder unterhaltsam sein, werden für die Wahrheitsfindung gegenstandslos. Warum? Weil die Schlüsselfragen – die entscheidenden, weitergehenden Fragen, die den Grundpfeiler für die Erkenntnis der Wahrheit bilden – bereits beantwortet wurden.
Dazu sei nur so viel gesagt: Ich kann mit mancher menschlichen Unvollkommenheit leben, selbst bei den Propheten Gottes – sie ist bei sterblichen Wesen zu erwarten. Ich kann mit manchem angeblich wissenschaftlichen Beweis gegen das Buch Mormon leben. Die Zeit wird ihn richtigstellen. Und ich kann mit manchen Ungereimtheiten leben, die es in der Geschichte offenbar gab. Sie spielen im Gesamtbild der Wahrheit eine untergeordnete Rolle. Aber ich kann nicht ohne die von Joseph Smith wiederhergestellten Wahrheiten der Lehre und heiligen Handlungen leben. Ich kann nicht ohne das Priestertums Gottes zum Segen meiner Familie leben, und ich kann nicht ohne das Wissen leben, dass meine Frau und meine Kinder für die Ewigkeit an mich gesiegelt sind. Das ist die Wahl, vor der wir stehen: ein paar unbeantwortete Fragen auf der einen Seite gegenüber einer Unmenge an Gewissheit, was die Lehre betrifft, und der Macht Gottes auf der anderen. Für mich, und hoffentlich auch für Sie, ist die Wahl einfach und vernünftig."

Wow, glaubt ein intelligenter Mensch wie Callister das wirklich? Oder ist das nur billige Propaganda, um die Kirchen-Jugend bei der Stange zu halten? Hat er schon mal von Sidney Rigdons Vergangenheit bei den Campbellites gehört, wo diese Wiederherstellungsideen entstammen, oder Emanuel Swedenborg und den Freimaurern, bei denen sich Joseph Smith auch bedient hat? Gibt es Früchte, die wirklich exklusiv nur bei den Mormonen gefunden werden können? Und wo bitte sind die vielen Offenbarungen in letzter Zeit geblieben?

In gewisser Weise ist dies die Weiterführung der Polemik eines Matthäus (besser gesagt des Autors des Matthäusevangeliums, denn der Autor ist unbekannt und nur gemäß einer Tradition des 2. Jhdts wird es Matthäus zugeschrieben). Es gehörte zur Diffamierung der Juden zu behaupten, die Idee von Jesus sei deutlich aus dem Alten Testament ablesbar, sein Leben eine einzige Erfüllung jahrhundertealter Prophezeiungen und nur weil die Juden im Herzen verstockt gewesen seien, hätten sie ihn nicht erkannt, jedes andere Volk hätte ihn allein wegen seiner Wundertaten verehrt. So wird im Matthäusevangeliums Jesus krampfhaft mit messianischen Offenbarungen in Verbindung gebracht, wobei zwei Problemfelder bestehen: erstens werden alttestamentliche Passagen wild aus dem Zusammenhang gerissen und zweitens auch gerne mal Jesus-Geschichten erfunden oder frisiert, um sie passend zu machen.

In ähnlicher Tradition ist Callister unterwegs. Er hat ja nicht wirklich umfassend und neutral die Charakteristika der frühchristlichen Bewegung aus dem Neuen Testament extrahiert und dann mit den Lehren und Praktiken der vielen heutigen christlichen Kirchen verglichen. Stattdessen ein ähnlich vorurteilsbehaftetes Vorgehen: selektive Aspekte herauspicken und dazu dann noch biblische Passagen aus dem Zusammenhang reißen. 

Beispiel Totentaufe, die er anführt: Spricht die Passage in 1 Korinther 15:29 deutlich aus, dass Totentaufen (a) eine verbreitete Praxis in neutestamentlichen Zeiten war, (b) klar als wichtige Heilige Handlung deklariert und (c) dem mormonischen Konzept der Taufen für Verstorbene entsprechen? Wer aufmerksam liest, erkennt, dass keine der drei Aspekte deutlich hervorgehen: es spricht eher für eine lokal begrenzte Tradition, die zwar nicht verurteilt, aber auch nicht explizit unterstützt wird, und was sie da genau mit den Leichen veranstaltet haben, geht auch nicht hervor. Ein Blick in http://en.wikipedia.org/wiki/Baptism_for_the_dead hätte genügt, um zu sehen, dass das Verständnis dieser Passage wesentlich komplexer ist.

Daran die Wahrheit der Mormonenkirche zu hängen, heißt sehr viel Gewicht dieser obskuren Passage zuzubilligen und gleichzeitig viele andere Aussagen aus dem Neuen Testament zu ignorieren. Nun ist Tad Callister ist ja Anwalt und hat keine religiöse Ausbildung genossen außer vielleicht LDS Seminar und Institut, was jedoch nicht Bildung im eigentlichen Sinne, sondern primär Indoktrination zum Ziel hat. Und so ist seine Ansprache bloße Polemik und Versicherung den Mitgliedern gegenüber, im richtigen Club zu sein.

Fazit: Wer ernsthafte, seriöse Bibelforschung sucht, wird bei der LDS-Kirche allgemein und dem LDS-Seminar und Institut im Besonderen traurigerweise nicht fündig.