Zwei Fragen, die sich orthodoxe Mormonen stellen sollten, aber nicht tun



Die klassische Antwort von orthodoxen Mormonen auf kritische Aspekte des Glaubens geht irgendwie so:
„Keiner weiß genau, was in der Vergangenheit war. Wissenschaftliche Erkenntnisse wandeln sich ständig. Daher ist die einzig verlässliche Quelle in Glaubensfragen der direkte Draht zu Gott. Also nur Schriftstudium und Gebet. Und dann die Bestätigung durch den Heiligen Geist.“
Klingt zunächst gut: Für sich selbst herausfinden durch eine Antwort direkt von Gott.
Aber: Woher weiß ich, dass ein Brennen im Herzen und ähnliche Gefühle wirklich von Gott stammt und nicht bloß in meinem Gehirn produziert wird? So wie kognitive Dissonanz Gefühle auslöst.
Die Antwort: Weil man es spürt und Gott es in der Heiligen Schrift offenbart hat? Klingt nach einem Zirkelbezug und nicht nach einem verlässlichen Standard.
Zweite Frage: Wenn die Antwort von Gott stammt, woher weiß ich, wie sie gemeint ist? Oder anders ausgedrückt: Bestätigt Gott damit eindeutig, dass das ganze Paket wahr ist, also: Gott lebt, Jesus Christus auch, Joseph Smith war ein Profet, hat die wahre Kirche wiederhergestellt, Buch Mormon ist wahr, alle folgenden Präsidenten der Mormonenkirche sind Profeten, Seher und Offenbarer mit der exklusiven Vollmacht Gottes, die auf die etablierte Methode weitergereicht wird und so weiter.
Hintergrund: Viele Gläubige anderer Kirchen und Religionen beschreiben sehr ähnliche spirituelle Erlebnisse. Und nein, die Mormonen und Mormonen-Interessierten sind nicht die einzigen Menschen, die Gott um eine Bestätigung ihres Glaubens ersuchen. Jetzt sagen Mormonen dann: „Diese Menschen haben ja auch Zugang zum Licht Christi und ein Anrecht auf Bestätigung göttlicher Wahrheiten. Dass, was ihnen bestätigt wird, ist nicht, dass beispielsweise die katholische Kirche von Gott autorisiert ist, sondern nur, dass die Bibel göttliche Inspiration enthält, Gott und Jesus existieren und so etwas.“
Okay, wenn also Anhänger unterschiedlicher Religionen dieselbe Art von geistiger Erlebnisse erfahren als Antworten auf an Gott gerichtete Bitten um Bestätigung ihres Glaubens und viele die Antwort zu weit fassen, wie kann ich als Mormone sicher sein, dass ich nicht denselben Fehler begehe? Wie kann ich sicher sein, dass die Bestätigung nicht eigentlich nur generell die Existenz eines göttlichen Wesens betrifft nicht aber der speziellen Glaubensrichtung?
Um an die Wahrheit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zu glauben, muss man sich somit quasi blind auf zwei Annahmen verlassen: A. Das Brennen im Herzen kommt wirklich von Gott und ist nicht nur selbst-induziert. B. Das Brennen im Herzen ist die Bestätigung auf genau den Umfang der gestellten Frage und aller damit zusammenhängenden Schlussfolgerungen bzw. Argumentationsketten, das volle Paket eben.
Ob diese Annahmen zutreffen, kann ich nicht überprüfen, nicht hinterfragen, muss ich einfach glauben.